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Foto: Erik Schäfer

Wirtschaftsmeldungen

Cyberangriff und Corona: Krisen zur Erneuerung nutzen

Neben dem Coronavirus, musste Pilz 2019 eine Cyberattacke meistern. Das Unternehmen sprach jetzt offen in seiner virtuellen Pressekonferenz über die Krisen.

Auf der virtuellen Pressekonferenz von Pilz bestimmenden das Thema „Virus“ das Geschehen: der Cyberangriff auf Pilz im letzten Jahr und nun das Thema Coronavirus. Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter und Geschwister Susanne Kunschert und ihr Bruder Thomas Pilz gaben offen ihre Antworten auf die zahlreichen Fragen. Die KONSTRUKTION & ENTWICKLUNG war live dabei.

Aktive Krisenbewältigung mit Teamgeist

„Liebe Journalistinnen, liebe Journalisten, wir vermissen Sie schmerzlich. Sie wissen, dass wir ein sehr menschenorientiertes Unternehmen sind…“, läutete Susanne Kunstwert die Pressekonferenz ein. Sie warf dann einen Blick zurück auf das Geschäftsjahr 2019, wie sich die wirtschaftlichen Kennzahlen entwickelt haben und was sich auf den internationalen Märkten getan hat. Zudem gab Sie Auskünfte zu Personal, Aus- und Weiterbildung, Mitarbeiterzahlen (rd. 2500 Mitarbeitende weltweit) und einen Ausblick auf 2020, was sich in den Märkten tut. Auch auf das Produktportfolio von Pilz ging sie ein, denn von Safety über Security bis zur Robotik deckt Pilz die gesamte Palette der Automatisierung ab. Thomas Pilz sprach sehr detailliert überden ein, der das Unternehmen am 23. Oktober 2019 getroffen hatte. Zudem kamen Susanne Kunschert und Thomas Pilz noch auf das nächste Virus zu sprechen, das das Unternehmen getroffen hat: Diesmal handelte es sich um das biologische Coronavirus, von dem alle Unternehmen weltweit betroffen sind. Und noch ein Thema präsentierte das Unternehmen, ein Thema, welches durch das Thema Coronavirus stark beschleunigt wurde: Die Digitalisierung mit Homeoffice und die digitalen Geschäftsfelder von Pilz. In diesem Beitrag möchte ich mich auf das Thema „aktive Krisenbewältigung“ bei Pilz konzentrieren. Denn Pilz hat auf diesem Feld, dank des enormen Engagements der Mitarbeiter erfolgreiche Strategien und Maßnahmen ergriffen und sich dadurch unter anderem eine noch bessere Aufstellung in eine sichere digitale Zukunft gesichert.

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Horst-Dietrich Kraus moderierte das virtuelle Jahrespressegespräch von Pilz

Onlinemesse und virtuelle Jahrespressekonferenz

Unter dem Motto „Be Safe and Secure with Pilz!“ hatte Pilz zwei Tage zuvor bereits seine Online-Messe gestartet, um die Highlights vorzustellen, die eigentlich für die Hannover Messe vorgesehen waren – diese war ja wegen der Coronapandemie abgesagt worden.

Virtuelle Messe zur Automatisierung

Pilz lädt zum Jahrespressegespräch und zur virtuellen Messe 2020 und gewährt neue Einblicke in die Automatisierung. Das sind die drei Highlights der Messe.
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Die drei Highlights der virtuellen Pilz-Messe waren:

Auf der Pressekonferenz stellten die Geschwister noch eine Neuheit von Pilz in Sachen Sicherheit vor: Die eigenen Mund-Nase-Schutzmasken, die Pilz nun selbst herstellt und die es käuflich zu erwerben gibt. Thomas Pilz trug die Maske in Schwarz und seine Schwester Susanne Kunschert in Weiß, um die äußerst ungewöhnliche Produktreihe des Automatisierungs- und Sicherheitsexperten Pilz zu demonstrieren.

Offensiv mit einer Cyberattacke umgegangen

Um es gleich vorweg zu sagen: Inzwischen ist Pilz längst wieder Online und das Unternehmen hat den mehrwöchigen „Fast-Stillstand“ aufgrund des Cyberangriffs im letzten Jahr wirtschaftlich wieder hereingeholt: „Wir haben keine großen Kunden aufgrund der Cyberattacke auf unser Unternehmen verloren“, so Susanne Kunschert. Doch dem virtuellen Virus, das Pilz sofort der Bundesbehörde und seinen Kunden kommunizierte und damit den Erpressungsversuch von Cyberkriminellen sofort öffentlich machte, folgte dann Anfang dieses Jahres das biologische Coronavirus und auch damit wurde Pilz wirtschaftlich getroffen. Am Hauptstandort in Ostfildern, nahe Stuttgart, gibt es aufgrund der Coronakrise (Stand Mai) derzeit noch Kurzarbeit. Eingeleitet wurde das (diesmal virtuell abgehaltene) Jahrespressegespräch im Livestream von Horst-Dietrich Kraus, dem Vice President Marketing und Kommujnikation. Via Chatfunktion konnten die teilnehmenden Journalistinnen und Journalisten dann ihre Fragen an Thomas Pilz und Susanne Kunschert eingeben, die dann zum Ende der Pressekonferenz von Horst-Dietrich Kraus aufgegriffen und an die beiden geschäftsführenden Gesellschafter weitergeleitet wurden. Susanne Kunschert und Thomas Pilz beantworteten die Fragen offen und sehr persönlich. Dass der von 11:00 Uhr bis ca. 12:30 Uhr festgelegte Zeitrahmen dabei etwas überschritten wurde, weil Susanne Kunschert und Thomas Pilz eben alle eingegangenen Fragen möglichst live beantworten wollten, war dabei ein weiterer, sympathischer Aspekt dieser Presseveranstaltung.

Die agile Bäbber-Methode: Gestärkt aus der Krise

„Wir waren ohne E-Mail, ohne Festnetztelefon, ohne Website. Hier hatten wir zwar sehr schnell wie-der eine Notlösung erarbeitet, doch dort konnten wir zu Beginn nur Ansprechpartner und Mobiltelefonnummer hinterlegen sowie die Information, das wir digital momentan nicht erreichbar sind. Ebenfalls waren wir ohne Information aus unserem CRM-System unseren Adressdaten und Telefonverzeichnissen, ohne Dateiablage, ohne Intranet, ohne SAP. Wir haben uns der Herausforderung gestellt und Dank des unglaublichen Einsatzes unserer Mitarbeiter in IT in aller Welt und der Unterstützung aller Mitarbeiter aus den Abteilungen und Niederlassungen, können wir heute hier diese virtuelle Messe und Jahrespressekonferenz durchführen“, so Thomas Pilz. Er gab sehr offen Auskunft über den Cyberangriff auf sein Unternehmen im letzten Jahr und den Kampf aller Mitarbeiter, das Unternehmen wieder schnellstmöglich zum Laufen zu bringen und sich dem Erpressungsversuch der Cyberkriminellen nicht zu beugen. „Der Neuaufbau ist noch nicht ganz abge-schlossen, aber ich darf mit Stolz sagen, dass Pilz gestärkt aus dieser Attacke hervorgegangen ist. Im Zuge des Neuaufbaus unserer IT-Infrastruktur, sind wir von unserer bisherigen On Premise-Kommunikationsinfrastruktur zu einer cloudbasierten Lösung gewechselt. Durch diese Umstellung auf Cloud-Technologie sind wir in der Lage, von jedem Ort der Welt aus, auf unsere Daten zuzugreifen und so trotz Corona-Lockdown unserer Arbeit nachzugehen. Und das im Wissen, dass unser mobiler Zugang auch vom Homeoffice aus in der neuen Security-Architektur geplant und vorgesehen ist. Vieles, was wir in der Zeit des Neuaufbaus unserer IT-Infrastruktur erreicht haben, haben wir agilen Methoden mit dem mehrfach zitierten Bäbbern, also den Post-it‘s, zu verdanken. Mit diesen haben wir Tafeln, Wände, Türen und Fenster beklebt, um Prioritäten und Zuständigkeiten sowie Aufgaben und deren Umsetzungsgrad zu visualisieren. Und nochmals bedanken sich meine Schwester und ich bei den Mitarbeitern für Ihre Einsatzbereitschaft und ihre Flexibilität“, so ein sichtlich glücklicher Thomas Pilz.

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Thomas Pilz und seine Schwester Susanne Kunschert zeigten auf, wie sie das Unternehmen Pilz durch zwei schwere Krisen gesteuert haben, die beide ein Virus als Ursprung hatten..

Was Pilz aus der Cyber-Attacke gelernt hat

„Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um über unsere ‚Lessons learned‘ zu sprechen“, so Thomas Pilz weiter: „Wir haben gelernt, dass die Investition in Security-Software alleine nicht ausreicht. Wir haben gelernt, dass Cyberabwehr, die heute gut ist, in spätestens drei Jahren veraltet und verwundbar ist. Wir haben gelernt, dass auch die Wirtschaft – und vor allem die Wirtschaft – ein Ziel ist. Wir haben gelernt, dass wir uns wehren können. Wir haben gelernt, dass wir konstant in die Veränderung und dadurch Verbesserung unserer Security-Konzepte investieren müssen. Wir haben die Aufgabe Cybersecurity angenommen.“

„Die zweite Welle“

Dann kamen Susanne Kunschert zusammen mit Thomas Pilz auf die aktuelle Situation unter der Einwirkung der Corona-Pandemie zu sprechen. „Nach der Abschwächung der wirtschaftlichen Lage und dem Cyberangriff, bringt die Corona-Pandemie nochmals neue Herausforderungen für uns alle“, erläuterte Susanne Kunschert. „Wir sind dankbar, dass sich bislang nur sehr wenige unserer Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert haben. Der Krankheitsverlauf war bei allen mild und es sind alle wieder gesund. Am Stammsitz Ostfildern und in der gesamten Pilz-Gruppe gelten, unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Vorgaben, besondere Anweisungen und Hygieneregeln. Mit diesen wollen wir unseren Teil zur Eindämmung der Pandemie leisten. Diese hatten wir bereits eingeführt, bevor von der Bundesregierung Vorgaben gemacht wurden.Wir haben früh eine Segmentierung der Mitarbeiter nach Arbeitsplatz und Gebäuden vorgenommen, die Ausweitung von mobilem Arbeiten von zu Hause aus“, zählte Susanne einige der Maßnahmen auf, um dann das Wort an ihren Bruder zu übergeben.

„Wir fertigen in einer kleinen aber feinen Pop-up-Manufaktur – daraufhin setzten sich Thomas Pilz und seine Schwester Susanne Kunschert ihre Pilz-Nase-Mund-Masken auf – diese Schutzmasken“, so Thomas Pilz. Dann ging er auf die allgemeine Unternehmenssituation unter Corona-Bedingungen ein: „Wir sind lieferfähig und haben die herrschenden Unsicherheiten in der Lieferkette zu beachten. Die Situation ist auch deshalb so komplex, weil die ganze Welt betroffen ist. In Ländern mit Shutdown, wie Indien oder die USA, ist die Situation besonders angespannt. Wir haben bereits im Januar einen Krisenstab aus verschiedenen Abteilungen ins Leben gerufen. Dieser prüft jeden Tag beispielsweise die Verfügbarkeit von Bauteilen und identifiziert bei Bedarf weltweit weitere Lieferanten. So konnten wir innerhalb weniger Tage einen neuen, funktionierenden Prozess für die Lieferung bestimmter Bauteile aufstellen. Unser Einkaufsteam leistet Großartiges, so dass wir keine nennenswerten Probleme mit der Beschaffung von Bauteilen hatten oder haben. Wegen der Quarantänemaßnahmen und der Einstellung von Linienflügen sind Frachtkapazitäten derzeit Mangelware. Das bedeutet neben der Verzögerung in der Abwicklung auch deutlich höhere Frachtkosten. In unserer eigenen Produktion profitieren wir von standardisierten Prozessen. In allen Werken in Asien und Europa läuft die Produktion mit den gleichen Maschinen ab. Als es mit der Ausbreitung des Virus in China begann, haben wir die Produktion innerhalb weniger Tage von dort nach Europa verlagert…unser Produktionsstätte in China stand komplett still und konnte erst am 17.2.2020 wieder in Betrieb gehen. Dann kam der Lockdown in Europa, weshalb wir innerhalb weniger Tage, als in China die Produktion wieder hochgefahren war, Teile des Produktionsvolumens von Europa dorthin verlagert haben. Durch all diese Maßnahmen konnten wir bisher unsere Lieferfähigkeit aufrechterhalten“, erläuterte Thomas Pilz das Krisenkonzept in Corona-Zeiten. „Wir hatten definitiv mit Corona die zweite Welle, denn die erste Welle hieß bei uns Computervirus“, fügte Thomas Pilz an.

So geht Krisenbewältigung à la Pilz

Thomas Pilz und seine Schwester Susanne Kunschert sehen positiv in die Zukunft, auch in den Wochen, in denen die Corona-Maßnahmen noch aktiv sind. „Schwierige Zeiten wird es immer geben, denn die gehören zum Leben dazu. Doch wir meistern diese, denn die Mitarbeiter und die Ausrichtung in die Zukunft machen das möglich. Wir nutzen solche schwierigen Zeiten stets, uns immer wieder zu erneuern“, machte Thomas Pilz deutlich. Dann kam er noch detaillierter auf die Neuheit zu sprechen, die aus der Coronakrise entstanden ist: die feine Pop-up-Maskenproduktion. Gefertigt werden die Masken von nähbegeisterten Mitarbeitern aus Entwicklung, Produktion und Produktionstechnik. Die Masken aus Strickmaterial mit hohem Baumwollanteil sind waschbar und damit umweltfreundlich. „Sie liegt an Nase und Kinn an und verhindert damit die Verbreitung von Aerosolen“, wie Thomas Pilz hervorhob. Pilz kann seinen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und auch öffentlichen Institutionen diese Masken anbieten. Auch die nachhaltigen Garne, die für die Herstellung der Masken verwendet werden, kommen laut Thomas Pilz aus Baden-Württemberg.

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Winken zum Abschied der Pressekonferenz: Jüngstes Produkt der Automatisierungsexperten aus Ostfildern sind Corona-Schutzmasken. Thomas Pilz trägt eine schwarze Variante, seine Schwester Susanne Kunschert die weiße Pilz-Standardmaske.

„Diese Maske, Made in Ostfildern, Germany, bieten wir in verschiedenen Ausführungen an. Neben der Standardmaske in Weiß – die meine Schwester trägt – fertigen wir auf Wunsch auch eine farbige Variante. Eine solche Maske hatte ein Kunde mit Affinität zur Farbe Schwarz bestellt, inklusive antimikrobieller Ausrüstung im – wir sind Manager – Nadelstreifenlook. Für die Sommermonate produzieren wir außerdem leichtere Masken, die aus zwei statt vier Lagen Stoff bestehen und dabei den gleichen Schutz bieten. Auf Wunsch bringen wir auch das Kundenlogo auf unsere Masken an, selbst bei kleinen Mengen. Jedoch – der Name Pop-up trägt es in sich – mit Ende der Maskenpflicht werden wir unsere Pop-up-Fertigung wieder in unsere Textilforschung wandeln“, schloss Thomas Pilz.

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