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Nanopartikel von Metall- und Kunststoffpulvern bergen einige Gefahren für Additive Fertiger. Ein Gel soll Mitarbeitende sicher dekontaminieren.
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Nanopartikel von Metall- und Kunststoffpulvern bergen einige Gefahren für Additive Fertiger. Ein Gel soll Mitarbeitende sicher dekontaminieren.

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsschutz

Dekontaminierung von AM-Pulvern

Schutzanzüge, Absauganlagen, geschlossene Entpulverung – die Sicherheitsmaßnahmen in der pulverbasierten Additiven Fertigung scheinen hoch. Doch nicht ausreichend, meint Dermapurge.

Allergische Hautreaktionen, verminderte Zeugungsfähigkeit und Organschäden können die Folgen sein, wenn Menschen wiederholt Metallpulver ausgesetzt sind. Das steht im GisChem-Datenblatt (Gefahrstoffinfo-System Chemikalien der BG RCI und BGHM). Die möglichen Gefahren von Kunststoffpulvern klingen noch nicht ganz so dramatisch. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Die Royal Society of Chemistry fand 2022 heraus, dass Kunststoffpartikel unter 0,1 µm direkt durch die Haut stoßen können, größere Partikel über Haarfollikel oder Schweißporen die Haut beschädigen, Mikropartikel kleiner als 20 µm oxidativen Stress und Entzündungen hervorrufen können, was die Hautbarriere zusätzlich schädigt. Sicher ist, dass Partikel ab 5 µm von Zellen aufgenommen werden und sich in Organen anhäufen. Unser Organismus kann sie nur schwer abbauen oder ausscheiden.

Aufgenommen werden die Partikel über die Atmung, durch die Haut und über Schleimhäute sowie über Hand-Mund-Kontakt. Wenn man schwitzt oder sich die Hände mit Seife gewaschen hat, nimmt die Haut die Partikel sogar noch einfacher auf. Mitarbeitende in einer AM-Produktion (AM = additive manufacturing) sind diesen Partikeln weit mehr ausgesetzt als in anderen Bereichen. Aber sind die Pulverkörner, die in den Pulververfahren benutzt werden, nicht größer? „Das ist teilweise richtig“, antwortet Erik Wöller, Sales Manager bei Dermapurge. „Bei der Aluminium-Legierung AlSi10Mg beispielsweise wird eine Körnung von 20 bis 63 µm angegeben. Das stimmt grundsätzlich auch für den Volumen-Mittelwert. Aber unter dem Raster-Elektronen-Mikroskop sieht man, dass bei der Herstellung und beim Verwenden der Pulver sehr feine Pulverpartikel entstehen – bis in den Nanobereich. Diese Nanopartikel sind schwer von der Haut zu entfernen.“ Auch bei Kunststoffpulvern entstehen diese Nanopartikel.

Händewaschen verstärkt die Kontamination

Die naheliegendste Lösung ist Händewaschen. Doch das sei keine so gute Idee, meint Wöller. Warum? Zum einen könne Seife so kleine Partikel nicht entfernen. Dazu kommt der Wash-in-Effekt. Der besagt, dass Tenside und Seifen unsere natürliche Hautbarriere schwächen, indem sie den Talg aus den Poren ziehen. Dadurch können die Metall- und Kunststoffpartikel einfacher in die Haut eindringen. Die meisten Seifen enthalten zusätzlich Penetrationsverstärker, mit denen die Haut durchlässiger wird. Zudem können Seifen und Handwaschpasten Allergien und Irritationen auslösen.

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Auch andere Möglichkeiten, die Mitarbeitende vor den Pulverpartikeln schützen sollen, werden bei Dermapurge kritisch betrachtet. Denn:

  • Persönliche Schutzausrüstung ist essenziell, um Pulverkontakt vorzubeugen. Aber nicht alle nutzen partikeldichte Handschuhe. Dünne Handschuhe können reißen. Zusätzlich ist der Maschinenbediener beim An- und Ausziehen der Handschuhe den Partikeln wieder ausgesetzt. Wahrscheinlich hat er in den Handschuhen auch geschwitzt, was eine Aufnahme der Partikel erhöht.
  • Absauganlagen sind gut geeignet, um größere Körner aus der Luft zu filtern, erfassen die kleinsten Partikel jedoch nicht. Auch Pulverpartikel auf Oberflächen werden von ihnen nicht entsorgt. So verhindern Absauganlagen auch kaum die Aufnahme der Pulverpartikel durch die Haut und Schleimhäute.
  • Auch wenn semi-geschlossene Systeme, die gerne zur Entpulverung eingesetzt werden, einen gewissen Schutz bieten, tritt um die Geräte herum trotzdem eine ernstzunehmende Belastung auf. Diese entsteht dann, wenn die Geräte geöffnet werden.

Mit Gel gegen Nanopartikel

All die bekannten und gebräuchlichen Schutzmittel haben allein für sich genommen also Schwächen, die für eine zusätzliche Dekontaminierung des AM-Mitarbeiters sprechen. Ein Arbeitsunfall im Labor des IPF - Leibniz-Instituts für Polymerforschung mit Cadmium-Selenid führte zur Gründung von Dermapurge und zur Entwicklung von Powder-ex. Das Gel soll alle Pulverpartikel ab 0,004 µm sicher von der Haut entfernen, ohne diese zu schädigen. Geeignet sei es für alle Materialien, egal ob Metalle, Metalloxide, Keramiken oder Kunststoffe. Da es weder Tenside noch Seifenanteile enthält, belastet es laut Dermapurge die Haut nicht und greift auch die Hautbarriere nicht an.

Powder-ex besteht aus Aktivkohle und Schichtsilikaten. Durch die Aktivkohle ist das Gel schwarz. Das hat den Vorteil, dass Anwender sehen, wo sie das Gel bereits hingerieben und welche Stellen sie noch nicht dekontaminiert haben. Vor der Anwendung sollte man die Hände anfeuchten. Das Gel erfasst die Werkstoffpartikel und immobilisiert sie, indem es sie an die Aktivkohle bindet. Dadurch können sie nicht mehr in die Hautschichten eindringen. Nach dem gründlichen Einreiben wäscht man das Gel mit kaltem Wasser ab. Eine weitere Reinigung mit Seife ist nicht notwendig. Hautschonend ist Powder-ex, weil es die Haut weniger entfettet. Zudem ist es nicht parfümiert, was mögliche Allergieauslöser ausschließt. „Die fehlende Parfümierung hat uns auch gutes Feedback von Anwendern eingebracht. Sie mögen den erdigen Geruch, der von den Tonmineralen kommt“, ergänzt Wöller.

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Einige AM-Unternehmen setzen das Produkt bereits ein und haben es auch in ihren Hautschutzplan integriert. Dermapurge empfiehlt, Hände, Handgelenke und Unterarme mindestens zweimal pro Tag damit zu dekontaminieren, nämlich vor dem Essen und am Arbeitsende. „Wir ersetzen mit Powder-ex nicht die Funktion von Seife, denn es ist nicht für das Abwaschen von Viren und Bakterien konzipiert“, fügt Wöllner noch an. „Es ist eine dringend benötigte technische Dekontamination.“

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