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Foto: Igus
Durch die Digitalisierung der Kunden- und Zulieferkontakte konnte Igus schnell auf die neuen Gegebenheiten im ersten Lockdown reagieren.

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Digitalisierung beim Kunden- und Zuliefererkontakt

Die Digitalisierung beim Kunden- und Zuliefererkontakt war für Igus eine der herausragenden Erfahrungen im vergangenen „Corona-Jahr.

Wie schnell Kunden und Zulieferer sich gemeinsam mit Igus auf die Restriktionen durch die Corona-Pandemie eingestellt haben, das zeigt sich auch an der Digitalisierung der Kommunikationswege. Igus hatte aufgrund fehlender Präsenzmesseveranstaltungen einen einzigartigen Weg beschritten: Eine physisch-virtuelle Messe. Dazu hat Igus in seinen Werkhallen einen realen 400 m²-Messestand aufgebaut, um die Neuheiten 2020 zu präsentieren. Konstruktion & Entwicklung sprach mit dem „frischgebackenen“ Igus-Geschäftsführer Tobias Vogel über sein Digitalisierungskonzept und was die Lehren aus dem Jahr 2020 waren.

Herr Vogel, das Jahr 2020 sah zu Beginn zunächst wie „ein verlorenes Jahr“ für Sie aus. Sie haben mit verstärkter Digitalisierung reagiert. Was war da Ihr persönliches Highlight?

Tobias Vogel: Das persönliche Highlight war definitiv, wie sich die gesamte deutsche Wirtschaft auf diese Pandemie eingestellt hat und mit welcher Geschwindigkeit. Wir selbst haben mehr als 250 Maßnahmen ergriffen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten – für die Kunden und natürlich auch, um unsere eigenen Mitarbeiter zu schützen. Gleichzeitig wurde viel in die weitere Digitalisierung von Igus investiert. Ein Beispiel ist unsere KMI, die Kölner Messe Industrie.

Zu genau dieser KMI, Ihrer Hausmesse mit dem physisch-virtuellen Messestand, sind (Stand: Januar 2021) bereits 56.000 Besucher gekommen und es fanden über 11.000 Gespräche statt. Hat Sie dieser Zuspruch überrascht?

Tobias Vogel: Ja, hat er uns. Wir haben natürlich auf viele Besucher gehofft. Was uns besonders gefreut hat, ist, dass die Kunden von der guten Qualität der Gespräche überzeugt waren. Es waren ja alles vereinbarte Gespräche und nicht so zufällig, wie auf einem Messestand, wo man darüber läuft. Das Ganze war dann trotzdem persönlich, weil man sich über PC, Tablet oder Smartphone sehen und hören konnte — und das dann von unserem (realen) Messestand aus. Gleichzeitig konnten Experten für zusätzliche Fragen noch unkompliziert hinzugezogen werden, so wie das auf einem normalen Messestand möglich ist.

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Foto: Igus
Die „Kölner Messe Industrie“ von Igus, ein real aufgebauter Messestand von 400 m² Fläche, wurde überragend von den Kunden in aller Welt angenommen.

Grenzüberschreitend erhielten Sie sehr viel Lob für Ihr Igus-Messekonzept. Wann war Messestart und wie lange kann man Ihre Messe noch besuchen?

Tobias Vogel: Die Messe ist Anfang Mai fertig geworden, kurz nach der eigentlich geplanten Präsenz auf der Hannover Messe. Wir planen noch für das gesamte Jahr 2021 mit der KMI, weil wir noch nicht sicher sein können, welche Messen stattfinden und wie sie angenommen werden.

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Foto: Igus
Tobias Vogel: „Wo wir früher gesagt haben „Ich will mir die Ware vor Ort ansehen“, da gilt jetzt oft „Online first“, weil es derzeit vielfach die einzige Möglichkeit ist.‟

Gesetzt, dass 2021 wieder die großen Messen live stattfinden können, werden Sie nach dem Erfolg weiterhin eine digitale Variante beibehalten über Ihre KMI hinaus – speziell zur Hannover Messe oder der SPS?

Tobias Vogel: Das überlegen wir natürlich auch. Wenn es für die beiden von Ihnen genannten großen, wichtigen Messen digitale Angebote gibt, dann werden wir voraussichtlich parallel auch dort präsent sein. Selbst, wenn die Messen hoffentlich bald auch wieder physisch stattfinden, gehen wir nicht davon aus, dass diese genauso besucht werden, wie das 2019 oder 2018 war. Das ist auch der Grund, warum wir unsere KMI weiterführen, aber trotzdem die anderen Angebote auch parallel dem Kunden zur Verfügung stellen, um zu schauen, was funktioniert wie am besten. Ich glaube, das ist auch ein Lerneffekt auf beiden Seiten

Was sofort auffällt, wenn man Ihre Homepage igus.de besucht, ist, dass man sofort einen Chat-Ansprechpartner hat. Was bedeutet dieser Service eigentlich an Aufwand für Sie?

Tobias Vogel: Der Aufwand ist schon enorm. Wir haben in einem Schichtmodell echte Berater — also keine künstlichen Avatare, die automatisiert Fragen beantworten. Wir bieten das bis abends um 20 Uhr und Samstag von 8 bis 12 Uhr an, so wie die Öffnungszeiten unserer Firma sind. Das wird gerade in Zeiten, in denen mehr Menschen aus dem Homeoffice heraus arbeiten und die klassischen Arbeitszeiten eher versetzt sind, gut angenommen.

Gibt es diesen Chat-Service nur für den deutschsprachigen Raum oder auch international?

Tobias Vogel: In vielen Niederlassungen steht das bereits zur Verfügung, so auch in den USA und China. Aber wir freuen uns natürlich auch, wenn wir wieder auf Messen können. Insgesamt gilt es im Moment, sich schnell auf veränderte Kommunikationsbedürfnisse online wie offline einzustellen. Das bedeutet jederzeit die Kanäle anbieten zu können, die der Kunde im Moment nutzt bzw. nutzen kann.

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Foto: Igus
Auch die Produktion von Gesichtsschutzschirmen hat Igus im Corona-Jahr aufgenommen.

Herr Vogel, am 11.11. um 11:11 Uhr starteten Sie mit der Online-Newsshow „11 Neuheiten in 11 Minuten“. Plastics in Motion statt Kölner Karneval?

Tobias Vogel: Wir sind ein Kölner Unternehmen und da ist Karneval – oder Fastelovend, wie es hier heißt – ein wichtiger Termin. Da das in diesem Jahr (2020) ausgefallen ist, ist hier natürlich die ganze Stadt in Trauer versetzt. Da haben wir gesagt: Wir machen zu dem Termin doch irgendetwas und nicht gar nichts – und das auch mit einem kleinen Augenzwinkern, mit unserem rheinischen Humor. Die Idee war dann: 11 Herbst-Neuheiten pointiert aus unseren 100 Igus-News vorzustellen, wie zum Beispiel der Spritzwasser geschützte Low-Cost-Roboter oder der schmierfreie Gleitwerkstoff mit Lebensmittelzulassung.

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Foto: Igus
Intelligente Verschleißteile (smart plastics) aus dem 3D-Drucker, damit ist Igus ein echter Coup gelungen.

Eines der 11 Themen waren „intelligente‟ Verschleißteile (smart plastics), die als Sonderanfertigung per 3D-Druck hergestellt werden. Was steckt technisch dahinter und wie lange dauert es von der Bestellung bis zur Lieferung?

Tobias Vogel: Beim 3D-Druck gibt es ja verschiedene Methoden: Es gibt den Filamentdruck, den Sinter-Laser-Druck und das Stereolith-Verfahren. Wir machen das im SLS, also im Sinter-Laser-Verfahren. Da gibt es 3 Konzepte: Erstens eine Verschleißerkennung hinter eine Deckschicht drucken — also ein Mehrschichtaufbau. Wenn diese Deckschicht zerstört ist, dann gibt es ein Signal. Es gibt eine zweite Methode der Verschleißerkennung im Wechsel von verschiedenen Deckschichten, also, dass man eine Verschleißtiefe messen kann. Und es gibt sogar die Möglichkeit eine Leiterbahn als Zwischenschicht zur Lasterkennung mit „einzudrucken“ in ein Element. Das muss nicht immer ein Gleitlager sein, das kann auch ein Biegeteil, ein Halter oder ein anderes Element sein, was sich der Konstrukteur überlegt. Und dieses Druckelement kann dann eine Meldung bei einer Verformung geben, dass die Druckbelastung zu hoch ist. Also: Verschleißerkennung als Grenze, Verschleißmessung in Schichten als auch die Druckerkennung. Unabhängig davon, was ich wähle, geht es dank des 3D-Drucks sehr schnell, sodass wir beispielsweise in Deutschland innerhalb von 48 Stunden Sonderlösungen, intelligent gedruckt, anbieten können.

Zurück zu Ihrer KMI, die Kölner Messe Industrie. Ihre 4 Grundsätze dort lauten: Kosten senken, Technik verbessern, den Nachweis durch Tests erbringen sowie das Thema Nachhaltigkeit. Was hat sich zu letzterem Thema seit dem letzten Jahr getan? Wie weit ist etwa das „Altplastik“-zu-Öl-Projekt gediehen?

Tobias Vogel: Das Thema ist immer noch aktuell. Dadurch, dass die Ölpreise auf dem Weltmarkt sehr in den Keller gegangen sind, hat sich der Bau der Anlage — um aus Kunststoff Öl zu gewinnen — etwas verzögert. Es haben mehrere große Investoren ihr Interesse bekundet auch zusätzlich mit einzusteigen, um das Projekt zu beschleunigen. Der konkrete Start des Baus der Anlage ist für 2021 geplant. Wir haben als nächsten Schritt auch nochmal vor, unseren Anteil aufzustocken.

Noch ein Wort zum letzten Jahr, dem Jahr 2020: Was waren Ihre 3 wichtigsten, persönlichen Lehren für die Zusammenarbeit mit Ihren Kunden und Lieferanten?

Tobias Vogel: Die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten war insbesondere im letzten Jahr sehr partnerschaftlich, helfend, kooperativ und flexibel. Das hört sich immer sehr breit an, kooperativ und flexibel. Denn das sind wahrscheinlich irgendwo alle. Aber gerade in dieser Zeit hat sich gezeigt: Man hilft sich gegenseitig auch mal etwas unkonventionell. Wir haben zum Beispiel Subunternehmer hier gehabt, die sonst Messestände für uns bauen. Die haben dann bei Igus Neues geschaffen. Wir haben selber hier vor Ort Corona-Schnelltests, da haben wir einem Lieferanten geholfen, um nach einem positiven Corona-Fall sicherzustellen, dass sich nicht weitere Mitarbeiter anstecken.

Man hilft sich mehr, als es sonst üblich war — diese Krise schweißt uns in der Zusammenarbeit noch fester zusammen. In Bezug auf unsere Kunden sind, glaube ich, 3 Dinge wichtiger geworden und auch klarer geworden: Erstens, dass der echte Nutzen des Produktes nochmal wichtiger geworden ist, weil das persönliche Verkaufen in den Hintergrund gerückt ist. Wir haben zwar Bild- und Tonkontakt zum Kunden, sind manchmal sogar auch noch vor Ort, aber wichtig ist: Hilft mir das Produkt? Bringt es meine Anwendung weiter?

Das Zweite ist auch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, denn wir wissen ja nicht wo und in welcher Verfassung treffen wir den Kunden an. Geht es der Firma gut? Boomt sie gerade, weil sie medizinische Produkte herstellt? Oder ist gerade gestern Kurzarbeit verkündet worden, sind große Aufträge weggebrochen, wie sind die Menschen persönlich betroffen? Das ist ja eine ganz andere Ansprache, als in den Boom-Jahren 2018-2019. Da hatte jeder zu tun, jeder hat nur gefragt, wo kriege ich die Ware her? Jetzt ist es so, der Eine boomt und der Andere hat eine echte Riesenkrise und anderen geht es so lala. Man muss also das Einfühlungsvermögen zum Kunden haben, um am Ende auch da vielleicht mitzuhelfen, den Kunden in seinem Erfolg zu unterstützen.

Und das Dritte ist etwas, das eigentlich immer gilt, dass die Produkte schnell lieferbar sind. Da hat es sich gelohnt, dass wir sehr stark in unsere Lager investiert haben. Das hat sich zum Beispiel im Online-Umsatz gezeigt, der bei uns um 30 Prozent gestiegen ist! Das ist im Vergleich zum „normalen“ Umsatz noch klein. Dass die Ware schnell verfügbar ist, ist aber gerade im Web enorm wichtig...

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Foto: Igus
Auf dem realen Messestand führen Igus-Mitarbeiter/innen Ihre Kunden per Smartphone oder Tablet-PC über den Stand und zeigen in vereinbarten, persönlichen Gesprächen neben den Neuheiten genau das, was die Kunden besonders interessiert.

Ergo wird der Online-Bereich bei Ihnen weiter ausgebaut werden?

Tobias Vogel: Generell sind die Online B2B-Verkäufe in der Industrie vergleichsweise klein. Aber ich bin mir sicher, dass er wachsen wird und mehr an Gewicht bekommt, weil wir das ja auch schon im Privaten leben. Das beste Beispiel sieht man im Lockdown. Wenn man jetzt was kaufen will, dann kann man das ja fast nur noch online machen. Wo wir früher gesagt haben „Ich will mir die Ware vor Ort ansehen‟, da gilt jetzt oft „Online first“, weil es derzeit vielfach die einzige Möglichkeit ist.

Herr Vogel, haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen, was ich Sie noch nicht explizit gefragt habe?

Tobias Vogel: Etwas, was mich sehr beeindruckt hat in den letzten Monaten, ist die enorme Anpassungsfähigkeit von Igus-Kolleginnen und -Kollegen wie auch vieler Kundinnen und Kunden – Dass das Digitale das neue Normal ist, egal ob man 20, 40 oder 60 ist. Wir haben es wahnsinnig schnell geschafft, uns anzupassen und darauf einzustellen — ich will nicht sagen, uns schon dran zu gewöhnen, aber zumindest schaffen wir es damit umzugehen. Das ist schon eine ganz tolle Leistung unserer ganzen Gesellschaft!

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