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Foto: Phoenix Contact

Software

Echtzeit-Daten für Bestellungen im Schaltschrankbau

Automatisierte Klemmenleisten-Bestellung: Wie „Fast Lanes“ von Phoenix Contact mit Echtzeit-Informationen die Prozesse im Schaltschrankbau verschlanken.

Projekte im Schaltschrankbau sind selten 1:1 von der Stange umsetzbar, und so arbeiten Schaltschrankbauer und Zulieferer für die Bestellung der jeweiligen Komponenten eng zusammen. Mit den „Fast Lanes“ zur Optimierung der Bestellvorgänge hat Phoenix Contact ein digitales Instrument geschaffen, mit dem auch die E+H Gross GmbH ihre Prozesse verschlankt und ihre Produktion beschleunigt.

Echtzeit-Informationen im B2B-Geschäft etablieren

Während der Hochphase von Corona – mit einem Lockdown in zahlreichen Ländern und dem Schließen vieler Grenzen – wurde besonders deutlich, wie wichtig funktionierende Lieferketten sind. Gerade bei kundenspezifischen Baugruppen verkürzt eine hohe Transparenz über erwartete Liefertermine und entstehende Kosten die Wege enorm. Was im B2C-Geschäft auf dem weltweiten Markt längst normal ist, wird zunehmend auch im B2B-Geschäft erwartet: Informationen in Echtzeit auf Basis aktueller Bestandsdaten.

Vorgänge bei der Bestellung komplett automatisiert

Bei individuell zusammen gestellten Artikeln, bei denen zahlreiche Abhängigkeiten berücksichtigt werden müssen, ist das nicht trivial. Mit den „Fast Lanes“ in der Klemmenleistenfertigung hat Phoenix Contact ein neuartiges Instrument geschaffen, um die Lieferzeit zu verkürzen und Liefertermine besser einhalten zu können. Unterstützt wird der Schaltschrankbauer dabei von einer durchgängigen Automatisierung des Bestellablaufs: von der Kalkulation von Preis und Liefertermin über die Bestellannahme bis zur Lieferung.

Eines der Unternehmen, die kundenspezifisch konfektionierte Klemmenleisten über diesen Weg ordern – und zwar bereits ab Stückzahl 1 – ist die E+H Gross GmbH aus Ditzingen bei Stuttgart. Als international agierendes Elektrotechnik-Unternehmen hat sich E+H Gross auf die Konzeption und Produktion von Schaltschränken und Schaltanlagen fokussiert. 150 Mitarbeiter fertigten an drei Standorten für die Branchen Automobil-, Maschinenbau-, Nahrungsmittel-, Verpackungs- und Pharmaindustrie sowie Umwelttechnik.

Transparenz in der Lieferkette

Zusätzlich zum Liefertermin, der sich auf Basis aller zu verbauenden Komponenten – vom Beschriftungsschild über die Reihenklemme bis hin zur Steuerung oder Stromversorgung – errechnet, bekommt E+H Gross den Preis der fertig bestückten Tragschiene online angezeigt. „Der so ermittelte Preis entspricht exakt dem Preis, der bei Anlieferung auf der Rechnung steht“, erklärt Timo Borges, Teamleiter Konstruktion bei E+H Gross in Ditzingen. Genutzt werden dazu durchgängige Engineering-Daten sowie Echtzeit-Informationen zu den Lagerbeständen bei Phoenix Contact in Blomberg.

Möglich wird dies durch die Anbindung per EDI (Electronic Data Interchange) oder durch die Bestellung im Kundenportal von Phoenix Contact. Ohne Datenbrüche wurde der Geschäftsprozess bis zur individuellen Bestückung der Normtragschienen dabei vollständig digitalisiert.

Von analogen zu digitalen Daten

Ist die Dokumentation des Schaltschrankbauers detailliert genug, dient sie als Grundlage für die Arbeitsvorbereitung und Beschaffung. Liegen die technischen Informationen ausschließlich analog vor, bezieht der Schaltschrankbauer die Komponenten zumeist einzeln und erledigt alle Prozesse inhouse – von der Komponentenbeschaffung und -logistik über die Montage bis zur Qualitätssicherung. Der interne Aufwand für Einkauf, Lagerhaltung und Fertigung ist dabei nicht unerheblich. Hier sind digitale Daten von großem Wert – denn sie beschleunigen alle administrativen Prozesse.

Bei zunehmender Komplexität ist die Erstellung einer technischen Dokumentation in einem ECAD-System sinnvoll.

Foto: Phoenix Contact

Planungs- und Markierungssoftware für den Schaltschrankbau

Zur Beschleunigung des Bestellprozesses erstellt der Schaltschrankbauer die Klemmenleiste idealerweise bereits in einer Software des Lieferanten – etwa in Project Complete von Phoenix Contact. Die Daten bilden eine optimale Grundlage für die Anfrage beim Komponenten- oder Baugruppenlieferanten. Die mit der Anfrage übermittelten Daten „übersetzt“ der Zulieferer – manuell, teil- oder vollautomatisiert – in für ihn lesbare Daten zur kaufmännischen und technischen Auswertung. Dann geht ein manuell erstelltes Angebot an den Schaltschrankbauer.

Die Disposition der Komponenten und die Arbeitsvorbereitung beginnen beim Baugruppenlieferanten zumeist jedoch erst nach dem Bestelleingang. Je höher hier der Automatisierungsgrad sowie die Durchgängigkeit der Daten, desto geringer sind Fehleranfälligkeit sowie Liege- und Durchlaufzeiten.

Klemmenleisten digital zu erstellen lohnt sich

Durch die langjährige enge Zusammenarbeit mit Phoenix Contact nutzt E+H Gross die Engineering-Plattform Project Complete, um per ERP-Anbindung digital zu ordern. „Abhängig vom benötigten Komponentenspektrum liegt die Produktionsdurchlaufzeit bei Phoenix Contact zwischen zwei Tagen und zwei Wochen“, so Borges. „Dieser Zeitraum umfasst sämtliche Prozesse: von der Materialanlage über die Erstellung der Fertigungsunterlagen und Arbeitspläne bis zur Materialbeschaffung, Montage, Qualitätssicherung und Verpackung.“ Der scheinbare Mehraufwand, alle Klemmenleisten „digital“ zu erstellen, zahlt sich auf diese Weise mehrfach aus.

Verschlankte Bestellabläufe machen Ressourcen frei

Nach Erstellung der digitalen Klemmenleiste geht die Anfrage digital an Phoenix Contact. Der Schaltschrankbauer erhält sofort eine bestellfähige Materialnummer, die per EDI oder online in Auftrag gegeben wird. Ist die Bestellung platziert, wird die vollständig bestückte und beschriftete Klemmenleiste nach wenigen Tagen geliefert. „Wir können so unsere Einkaufsprozesse deutlich verschlanken“, freut sich Borges. „Einzelteildisposition und Lagerhaltung entfallen, Logistikprozesse und Arbeitsvorbereitung werden reduziert. Und wir können uns auf unser Kerngeschäft fokussieren – den Schaltschrankbau.“

Bestandsreduzierte Wertschöpfung

Durch die unmittelbare Information über Verfügbarkeit, Lieferzeit und Preis kann E+H Gross schnell und fundiert über die Beschaffung entscheiden. Nach Eingang der Bestellung bei Phoenix Contact werden Materialbewegungen automatisch angestoßen und Fertigungsaufträge eingeplant, sodass die Fertigung praktisch nahtlos beginnen kann. Deren effiziente Umsetzung erfolgt in einer Fließfertigung, welche alle Prozessschritte vom Ablängen der Tragschienen bis zur Endkontrolle und Verpackung umspannt. Dieses Fertigungskonzept erlaubt eine bestandsreduzierte Wertschöpfung im Fluss.

Foto: Phoenix Contact

Das Fast-Lane-Portfolio umfasst 700 Produkte

Um den Gesamtprozess weiter zu optimieren, steht als nächstes die Nutzung der vollautomatischen Schnittstelle zwischen ECAD-System und Project Complete an. Dann entfällt der Aufwand bei der „Digitalisierung“ der Klemmenleiste fast vollständig. Der Begriff „Klemmenleiste“ greift hier allerdings etwas kurz, denn das Fast Lane-Produktspektrum umfasst aktuell 700 Artikel für eine Vielzahl an Anwendungen. Die Durchlaufzeit nach Bestelleingang liegt bei zwei Tagen, sodass das Produkt bereits am übernächsten Tag das Werksgelände von Phoenix Contact verlässt.

Fazit: Zuverlässigkeit und Transparenz sind wichtiger denn je

Die Möglichkeit, individualisiert bestückte Normtragschienen online und in Echtzeit anzufragen und zu bestellen, ist ein Novum im Markt. „Die enge Verzahnung über die Fast Lanes von Phoenix Contact macht unsere Beschaffungsprozesse erheblich effizienter“, resümiert Borges. „Wir profitieren von der hohen Transparenz und Datendurchgängigkeit durch erhebliche Einsparungen im Schaltschrankbau, die wir an unsere Kunden weitergeben.“

Jan Moritz Ellinghaus