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Die Fließfähigkeit von Polymerschmelzen wird mit Fließspiralen verglichen. Herkömmliches PMMA (l.) und Blend aus PMMA und 10 % Fließverbesserer (r.).
Foto: Steffen Walther
Die Fließfähigkeit von Polymerschmelzen wird mit Fließspiralen verglichen. Herkömmliches PMMA (l.) und Blend aus PMMA und 10 % Fließverbesserer (r.).

Werkstoffe

Fließverhalten mit polymeren Additiven verbessern

Ein neues polymeres Additiv verbessert das Fließverhalten zahlreicher Kunststoffe deutlich. Damit lässt sich im Spritzguss bis zu 30 % Energie sparen.

Polymere Additive verbessern das Fließverhalten im Spritzguss und ermöglichen so eine effizientere Kunststoffverarbeitung. Viele Bereiche der Kunststoffindustrie fertigen per Spritzgießen jährlich umfangreiche Serienkontingente. Die Verarbeitungsprozesse sind fein aufeinander abgestimmt. Optimierungspotenziale sind zumeist ausgereizt.

Dennoch muss sich auch dieser etablierte Industriezweig den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen stellen. Das gelingt nur durch weitere technologische Innovationen oder neue Ansätze bei der Wahl der Ausgangsmaterialien.

Das Unternehmen Polytives mit Sitz in Jena hat einen Fließverbesserer entwickelt, der diesen Anforderungen begegnet. Der BFI A 3745 ist ein polymeres Additiv, welches in bestehenden Produktionsverfahren eingesetzt werden kann. Durch die Verbesserung der Fließfähigkeit sind höhere Durchsätze der Formmassen und verringerte Zykluszeiten beziehungsweise Energieeinsparungen möglich. Speziell im Bereich Spritzguss wird die Fertigung filigraner und dünnwandiger Bauteile vereinfacht, wodurch den Anwendern ein Wettbewerbsvorteil entsteht.

Polymere Struktur verbessert das Fließverhalten

Die Innovation steckt in der spezifischen Struktur der polymeren Additive, die Polytives selbst erforscht, entwickelt, produziert und vertreibt. Die Eigenschaften von Kunststoffen sind von der Polymerstruktur abhängig. An dieser Stelle setzt das junge Unternehmen an: Bisher genutzte Werkstoffe sollen ohne die Zuhilfenahme von Fremdstoffen besser eingesetzt und durch eine optimierte Performance effizienter genutzt werden.

Die Additive ähneln den bisher verwendeten Werkstoffen strukturell, wie etwa Acrylglas im Falle des BFI A 3745, sodass sie sich ideal mischen und gleiche chemische Eigenschaften zeigen. Das polymere Additiv wird mit dem Ausgangspolymer gemeinsam verarbeitet. Es entsteht ein Blend, welcher andere Eigenschaften als der reine Werkstoff besitzt. So wird zum Beispiel die Viskosität verringert und damit die Verarbeitungstemperaturen von Spritzgussmischungen gesenkt. Wichtige Eigenschaften wie Zugfestigkeit oder Transparenz bleiben dabei erhalten. Im Gegensatz zu vielen anderen Additiven haben Kunststoffverarbeiter, allen voran Compoundeure und Masterbatcher, die Möglichkeit ihre Prozesse ohne weiteren Aufwand oder technologische Umrüstung signifikant zu verbessern.

Kluger Materialeinsatz braucht weniger Additive

Additive machen Kunststoffe oft erst für einen Anwendungszweck nutzbar. Sie verleihen oder modifizieren die gewünschten Eigenschaften und verringern die Anforderungen an den Verarbeitungsprozess. Als notwendige Komponente bringen sie jedoch auch unerwünschte Eigenschaften gezwungenermaßen mit in das Endprodukt. Beispielhaft dafür stehen die immer länger werdenden Beschränkungslisten, zum Beispiel für Weichmacher.

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Oliver Eckardt und Viktoria Rothleitner gründeten 2020 das Unternehmen Polytives.
Foto: Steffen Walther
Oliver Eckardt und Viktoria Rothleitner gründeten 2020 das Unternehmen Polytives.

Für eine umsichtige, ehrliche Nachhaltigkeitsstrategie reicht es deshalb oft nicht, ein altes Additiv gegen ein Neues auszutauschen. Polytives setzt mit ihren polymeren Additiven auf die Reduzierung der Anzahl benötigter, chemisch unterschiedlicher Komponenten. Das wirkt sich nicht nur auf die Minimierung von Logistikkosten und -risiken aus, sondern verbessert darüber hinaus die Ökobilanz. Zudem sinkt das Gefahrenpotenzial für die Anwender und Endverbraucher, da Zusätze mit Schadstoffwirkung im optimalen Fall künftig vollständig ersetzt werden können.

Schrumpfminderer in der Entwicklung

Während der Fließverbesserer BFI für Bemusterungen zur Verfügung steht, befasst sich das F&E-Team von Polytives mit einem Shrink Reducer, der den Polymerisationsschrumpf zum Beispiel bei UV-Aushärtung minimieren wird. Viktoria Rothleitner, Co-Geschäftsführerin und Mitgründerin von Polytives, sieht ein Anwendungsfeld mit Potenzial. „Ob im Kleinen, wie beispielsweise bei Zahnfüllungen in der Arztpraxis oder im Großen, wie etwa bei der Anwendung von Kunststoffen in der Bauindustrie: Das Thema Schrumpfung begegnet Kunststoffverarbeitern häufiger als man denkt und ist bisher nur unzufriedenstellend gelöst. Mit dem Schrumpfminderer entwickeln wir eine qualitativ hochwertige Alternative zum Stand der Technik.“ mg

Dieser Beitrag erschien zuvor bei unserem Schwestermagazin K-Zeitung.

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