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Foto: Rolf Lenk

Wettbewerb

Formula Student 2019: Titanradträger aus dem 3D-Drucker

Studenten der TU Hamburg ließen für ihre Rennwagen der Formula Student 2019 Titanradträger mittels 3D-Druck und Nachbearbeitung fertigen. Das ist das Ergebnis.

Das E-gnition-Team der TU Hamburg setzte bei der Konstruktion ihrer Rennwagen für die diesjährige Formula Student auf Titanradträger. Die Rund 70 Studenten planten, konstruierten und bauten für dieses Jahr zwei Wagen, den EGN-19ev und die fahrerlose Variante EGN-19dv (driverless vehicle). In Eigenregie wurde außerdem ein Businessplan erarbeitet, Gelder beschafft und Industriepartner eingebunden. Seit 2011 nimmt das Team jedes Jahr an der „Formula Student“, dem größten studentischen Ingenieurswettbewerb der Welt, teil.

Titan sorgt für leichtere Radträger

189kg wiegt der EGN-19ev – 10kg weniger als das Modell aus dem Vorjahr. Knapp 800g wurden allein bei den Radaufhängungen eingespart, pro Rad fast 200g. Das scheint wenig, doch Daniel Thews, der das Team Fahrwerk leitet, erklärt: „Beim Fahren, zum Beispiel in Kurven und bei Bodenwellen, vervielfachen sich die Kräfte, die am Rad angreifen. Da zählt jedes Gramm. Gleichzeitig muss die Aufhängung eine hohe Festigkeit aufweisen.“ Nachdem sich der aus Aluminium lasergesinterte Radträger im Vorjahresmodell als zu schwer erwiesen hatte, sollte der Träger für das 2019er Modell aus Titan gefertigt werden. Dieses Material weist eine im Verhältnis zur Dichte besonders hohe Festigkeit auf und ist daher für den Rennsport sehr gut geeignet.

3D-Laserdruck mit der Technologie des Selective Laser Melting (SLM) als geeignete Fertigungsmethode

Bei diesem Verfahren werden dünnste Schichten Titanpulver auf einer Bauplatte aufgebracht und per Laserstrahl dort erhitzt, wo später das Bauteil sein soll. Auf diese Weise lassen sich Formen und Strukturen produzieren, die mit konventioneller Technik nicht gefertigt werden können. Diese größeren konstruktiven Freiheiten wiegen die Tatsache auf, dass man beim 3D-Druck nicht die gleiche Genauigkeit erreicht wie bei spanabhebenden Technologien – zumal man in vielen Fällen durch anschließendes Nachbearbeiten die nötigen Toleranzwerte erreicht.

Rudolf Lenk übernimmt nicht nur die Produktion

Ein Industriepartner für die Produktion der Radträger war schnell gefunden: Die Rolf Lenk GmbH in Ahrensburg, ein industrielles 3D-Druck-Service-Center. Es bietet neben der additiven Metallfertigung auch traditionelle Fertigungstechniken wie Drehen, Fräsen und Honen an. Auf fünf Maschinen kann man entweder mit der SLM- oder der 3DMP-Technologie produzieren.

Vertreter des Studenten-Teams stellten das Projekt im Herbst 2018 bei der Rolf Lenk GmbH vor. Lenk-Geschäftsführer Gregor Sodeikat war von den bisherigen Erfolgen der Hamburger Rennwagen und dem technisch wie wirtschaftlich schlüssigen Konzept der Studenten beeindruckt. „Es war klar, dass unser Know-how ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den neuen Rennwagen sein würde“, erzählt er. „Darüber hinaus bietet uns das Sponsoring die Möglichkeit, die vielfältigen Leistungen von Rolf Lenk im Umfeld unserer künftigen Kunden zu präsentieren.“

Konstruktion braucht Köpfchen

Die Radaufhängung ist ein komplexes Bauteil – Konstruktion und Produktion sind keine trivialen Aufgaben. Niklas Trekel, im Fahrwerksteam der Studenten für die Radträger verantwortlich, erklärt: „Da der Radträger zu fast allen Bauteilen im Fahrwerk – also Radnabe, Getriebe, Bremssattel und so weiter, eine Schnittstelle hat, müssen diese zuerst gestaltet werden. Die Abmessungen an den Schnittstellen sind so weit wie möglich zu parametrisieren, damit man die Konstruktion bei Änderungen unkompliziert anpassen kann, ohne dass das ganze Modell instabil wird.“ Alle möglichen Bewegungen, die durch Lenkbewegungen, Bodenwellen usw. entstehen, müssen durchdacht werden, damit die Komponenten beim Fahren zu keiner Zeit kollidieren.

Verzugssimulation inklusive

Wichtig ist, dass das Bauteil überhaupt gefertigt werden kann. Auch wenn die additive Fertigung den Konstrukteuren größere Freiheiten gibt, muss sichergestellt sein, dass die Flächen des Bauteils, die durch Drehen oder Fräsen nachzubearbeiten sind, durch die Werkzeuge erreichbar sind. Auch die Stützstrukturen, die dafür sorgen, dass das Bauteil während der Produktion die Form behält, sind zu beachten: So wenige wie möglich, um material- und kostensparend zu arbeiten, aber so viele wie nötig, damit die Wärme ausreichend abgeleitet werden kann und der Verzug gering gehalten wird. Eine Simulationssoftware von Simufact Engineering ermöglichte, die CAD-Modelle der Radträger so anzupassen, dass der stets entstehende Verzug weitgehend kompensiert wurde.

Paul Voß hat das Projekt EGN-19ev als Applikationsingenieur bei der Rolf Lenk GmbH betreut: Er hat die CAD-Modelle, die die Studenten im STEP-Format angeliefert haben, überprüft und – wo nötig – korrigiert. „Für solche komplexen Bauteile gibt es immer Optimierungspotenzial, aber das Team hat uns ausgezeichnete CAD-Daten geliefert. Bei einem Treffen haben wir dann detailliert besprochen, welche Flächen der Bauteile nach der additiven Herstellung spanend nachbearbeitet werden müssen. Wir hatten bei diesem Projekt erstmals Gelegenheit, mit Simufact und einem weiteren Partner des Teams, AM-Power zusammenzuarbeiten und dabei unser eigenes Netzwerk zu erweitern.“

Erfolg auf der ganzen Linie

Die Radträger wurden auf einer Anlage von SLM Solutions gedruckt – pro Träger dauerte das rund 50 Stunden. Danach galt es, die Supportstrukturen zu entfernen, die Innenflächen der Träger auf Endmaß auszudrehen, die seitlichen Anbindungsstellen zu fräsen und die Teile schließlich zu entgraten. Acht Tage vor der feierlichen Enthüllung der Rennwagen kamen die Bauteile bei der TU an. Sie passten perfekt. „Wir haben nichts anderes erwartet“, lacht Niklas Trekel. „Und trotzdem waren wir sehr erleichtert.“ Bei Rolf Lenk schaut man mit Stolz und Freude auf das erfolgreiche Projekt zurück und beobachtete mit Spannung die Test- und Wettbewerbsergebnisse. Über das 2020er Rennwagenmodell wird bereits mit den Studenten diskutiert.

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