- Im Steuerungsportfolio von Phoenix Contact stellt der Remote Field Controller RFC 4072S das Gerät mit der größten Performance dar.
- Die SPS kommt insbesondere in rechenintensiven Applikationen mit der höchsten sicherheitstechnischen Anforderungsstufe SIL 3 respektive PL e als Zentralsteuerung zum Einsatz.
- Sie zeichnet sich zudem durch die zeitlich deterministische Abarbeitung von IEC61131- und Hochsprachenprogrammen sowie Matlab Simulink-Modellen aus.
Kombinierte Steuerung
Technisch gesehen handelt es sich beim RFC 4072S um eine Kombination aus einer Betriebsführungs- und einer sicherheitsgerichteten Steuerung. Die Betriebsführungssteuerung bearbeitet die Standard-Applikation und übernimmt den Datenaustausch mit den Standard-I/Os über das Profinet-Protokoll. Die Safety-SPS führt das sicherheitsgerichtete Programm aus und kommuniziert über eine F-Host-Instanz. Auf diese Weise können im Profisafe-Netzwerk bis zu 300 unterlagerte F-Devices betrieben werden. Der RFC 4072S unterstützt das Profisafe-Profil V 2.6.1, sodass sich die neusten F-Devices steuern lassen.
Store mit fertig programmierten Softwareapplikationen
Mit der PLC-Next Technology stellt Phoenix Contact ein offenes Ecosystem für aktuelle und zukünftige Automatisierungsanforderungen zur Verfügung, das das Zusammenwachsen von Automatisierungsaufgaben und IoT-Ansprüchen ermöglicht.
Neben den PLC-Next-Steuerungen umfasst das Ecosystem die modulare Softwareplattform PLC-Next Engineer, den digitalen Marktplatz PLC-Next Store, die PLC-Next Community sowie die Option einer systemischen Cloudintegration. Die speziell entwickelte Firmware-Architektur erlaubt dem Anwender die Nutzung von IEC61131-Programmiersprachen in Kombination mit Hochsprachen – wie C++ oder C# - oder einem Regelalgorithmus-Modell in Matlab Simulink. Dabei kann ein Steuerungsprogramm aus lediglich einer oder einer beliebigen Kombination der genannten Sprachen bestehen.
Middleware zwischen Betriebssystem- und Anwenderebene
Bei der Abarbeitung von Hochsprachenprogrammen auf industriellen Steuerungssystemen liegt die Herausforderung darin, dass der Code keinen zwangsgeführten Zyklus hat. Als Lösung bietet die PLC-Next Technology eine Middleware zwischen der Betriebssystem- und der Anwenderebene.
- Der Ansatz beinhaltet zum einen den Scheduler, als Execution and Synchronisation Manager (ESM) bezeichnet. Der ESM sorgt dafür, dass beispielsweise in C++ oder C# geschriebene Programme, per Matlab Simulink erzeugte Modelle sowie gemäß IEC 61131-3 erstellte Applikationen in einer definierten und zeitlich deterministischen Reihenfolge ausgeführt werden.
- Auf der anderen Seite stellt ein smarter „Shared Memory“ – der Global Data Space (GDS) – einen zykluskonsistenten Datentransfer zwischen den verschiedenen Programmen sowie der I/O-Ebene sicher.
- Als weitere Komponente des Ecosystems stellt der PLC-Next Store fertig programmierte Softwareapplikationen (Apps) bereit, die direkt auf dem RFC 4072S abgearbeitet werden können. Die unterschiedlichen Apps werden dabei nicht nur von Phoenix Contact offeriert, sondern auch von Drittanbietern .
Kopplung via TCP/IP an Cloudsysteme
Als anderer wichtiger Bestandteil der PLC-Next Technology – und eine Art Interface zur IoT-Welt - erweist sich die Möglichkeit der systemischen Cloudintegration einer auf dem Ecosystem basierenden Steuerung. Die Anbindung kann einerseits über die im PLC-Next Store erhältlichen Apps – wie AWS IOT Client, IXON Cloud Connector oder MQTT Client – erfolgen.
Darüber hinaus steht mit der Proficloud eine von Phoenix Contact entwickelte Lösung zur Verfügung. Über die Proficloud lassen sich die global verteilten Teilnehmer eines Profinet-Netzwerks miteinander verbinden.
Neben seiner Echtzeitfähigkeit für die Feldebene erlaubt der Kommunikationsstandard die Kopplung von Geräten via TCP/IP-Kanal an Cloudsysteme. Die Profinet-Telegramme der Anwenderschicht werden mit Hilfe des TCP/IP-Protokolls über das Internet weitergeleitet. Auf diese Weise können die in verschiedenen Anlagen installierten PLC-Next-Steuerungen ihre Daten via Internet in die Proficloud senden.
Proficloud vernetzt Profinet-Teilnehmer weltweit
Bei der Proficloud handelt es sich um eine Komponente, welche die Anforderungen von Industrie 4.0 und des IoT umsetzt: ERP-Auftragsdaten lassen sich zum Beispiel direkt aus der Proficloud über das Profinet-Protokoll an einen in der Produktionsanlage verbauten RFC 4072S kommunizieren. Der Umweg über die weiteren Ebenen der Automatisierungspyramide entfällt. So können Profinet-Teilnehmer gemäß dem M2M-Prinzip miteinander Daten austauschen, obwohl sie weltweit in unterschiedlichen gekapselten Profinet-Netzwerken im Einsatz sind.
Ausführung der Programme auf verschiedenen Cores
Die PLC-Next Technology fungiert als Firmware der Betriebsführungssteuerung des RFC 4072S. Die Firmware-Architektur ermöglicht, dass der aus verschiedenen Programmiersprachen bestehende Code auf dem Intel i5 Dual Core-Prozessor nach Belieben Core 1 oder Core 2 zugeordnet wird.
Im Vergleich zu einem Single-Core-System resultieren aus dieser Entflechtung folgende Vorteile für die in IEC 61131-3, Hochsprache oder Matlab Simulink erzeugte Anwenderapplikation: Kürzere Programmlaufzeiten sowie eine geringere Schwankung der Programmlaufzeit um ihren Mittelwert (kleinere Varianz). Dies ist darauf zurückzuführen, dass beispielsweise Programme mit unterschiedlicher Priorität und längerer Abarbeitungszeit nicht unterbrochen werden, wenn ihre Ausführung auf verschiedenen Cores geschieht.
Einsatzbeispiel in einer Windenergieanlage
Falls die Nutzung von sicherheitsgerichteten Komponenten notwendig ist, kann der RFC 4072S zum Beispiel zur Steuerung einer Windenergieanlage verwendet werden. Als ein konkretes Anwendungsfeld erweist sich die Verstellung der Rotorblätter der Anlage.
- Im Rahmen dieser Pitch-Regelung lässt sich die aktuelle Rotorblattposition erfassen und an einen RFC 4072S übermitteln. Der Sollwert zur Rotorblattstellung errechnet sich unter anderem aus der herrschenden Windgeschwindigkeit, die durch ein Anemometer sicherheitsgerichtet aufgenommen und im Safety-Programm des Remote Field Controllers verarbeitet wird.
- Überschreitet die Windgeschwindigkeit in einer kurzen Zeitspanne etwa wegen einer Windböe einen kritischen Wert, leitet die sicherheitsgerichtete Steuerung das Herausdrehen der Rotorblätter aus dem Wind ein. Befindet sich die gemessene Windgeschwindigkeit hingegen im zulässigen Bereich, werden die Daten in der Betriebsführungssteuerung verwertet.
- Die Betriebsführungs-SPS verwendet den derzeitigen Wert der Windgeschwindigkeit in einem Programm gemäß IEC 61131-3 und visualisiert ihn zur Diagnose in Prozent vom zulässigen Nennwert. Anschließend wird der Wert in einem Matlab-Simulink-Modell verarbeitet.
- Als Sollausgabewerte erhält der Anwender die Ausrichtung der Gondel sowie die Position, die das Rotorblatt zur optimalen Energiegewinnung einnehmen sollte. Zur Ermittlung der absoluten Sollposition des Rotorblatts rechnet ein in C++ erstelltes Programm die absoluten Werte in ein Steuersignal des Stellmotors um.
- Der umgerechnete Wert wird dann mit dem aktuellen Istwert verglichen und bei einer Abweichung der neue Sollwert über ein Feldbussystem an die Stellmotoren weitergeleitet.
- Die Windgeschwindigkeit kann zu Statistikzwecken an die Proficloud geschickt werden. Die Daten lassen sich hier in einer Historie speichern, verarbeiten und im Zeitablauf darstellen.
- Da die Windenergieanlagen beispielsweise in unterschiedlichen Regionen errichtet sind, kann sowohl die Windgeschwindigkeit als auch die daraus erzeugte Energie zentral in der Proficloud zusammengeführt werden. Die Aufnahme der Werte gestaltet sich einfach: Bei der Projektierung eines Programms ist beim RFC 4072S nur ein zusätzliches Häkchen zu setzen, damit die Variable in die Proficloud übertragen wird.
Safety-Rechenperformance besonders hoch
Die Betriebsführungssteuerung des RFC 4072S ist mit einem Intel i5 Dual Core-Prozessor mit 2,4 GHz Taktrate ausgestattet. Die sicherheitsgerichtete Recheneinheit des Remote Field Controllers verfügt über zwei CPUs mit einer unterschiedlichen Architektur, um eine höhere Diversität zu erreichen. Alle sicherheitsgerichteten Programmteile werden dabei von beiden CPUs parallel abgearbeitet. Danach erfolgt ein Kreuzvergleich, der die Steuerung bei einem divergierenden Ergebnis in den sicheren Zustand versetzt. Eine solche parallele zweikanalige Programmausführung ermöglicht kurze Durchlaufzeiten.
Die CPU-Kerne basieren auf einer ARM-Cortex-Architektur und sind mit 600 MHz respektive 800 MHz getaktet, weshalb die sicherheitsgerichtete Rechenperformance zu einer der leistungsfähigsten am Markt zählt. Die sicherheitsgerichtete Laufzeitumgebung des RFC 4072S unterstützt neben weiterführenden Operationen – wie der Multiplikation und Division – zusätzliche Datentypen, etwa SINT oder SWORD.
Autor: Alex Dusdal