Kundenbedürfnisse und Benutzerfreundlichkeit, diese Vorgaben gelten bei SKF auch bei der Neuausrichtung des Bereichs Forschung und Entwicklung. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, automatisiertem maschinellen Lernen und praktischen Apps kann das Unternehmen seine Kunden jetzt noch besser unterstützen und noch schneller mit neuen Lösungen auf Herausforderungen des Marktes reagieren. „Wir befinden uns mitten in einer drastischen Umstellung – von einem Unternehmen, das Produkte verkauft, zu einem Funktionsdienstleister“, erklärt Victoria van Camp, CTO und President Innovation and Business Development bei SKF. „Wir möchten unseren Kunden genau das bieten, was sie wirklich brauchen. Und das sind nicht ganz viele Lager, sondern Maschinen, die immer funktionieren.“
Benutzerfreundlichkeit und Kundenbedürfnisse, danach wird auch der F&E-Bereich neu ausgerichtet
Diese neue strategische Ausrichtung spiegelt einen großen Wandel in der Gesellschaft wider: Von der Musik- bis zur Mobilitätsbranche zeigt sich ein Trend hin zu Modellen, bei denen die Kunden ausschließlich für die von ihnen genutzten Dienstleistungen zahlen. „Das führt dazu, dass jeder Geschäftsbereich des Unternehmens seine Arbeitsweise überdenkt. Dies gilt auch für unseren Kernbereich Forschung und Entwicklung (F&E)“, führt van Camp aus. „In Zukunft nicht mehr als Produkthersteller, sondern als Dienstleister aufzutreten, erfordert großes Umdenken. Wer über die gesamte Lebensdauer einer Maschine für deren Leistung verantwortlich ist, muss in viel größerem Maße nachvollziehen können, wie die eigenen Produkte dabei zum Einsatz kommen“, sagt sie. „Sind sie beispielsweise permanent heißen, aggressiven Chemikalien ausgesetzt oder Hammerschlägen bei der Montage?“
Benutzerfreundlichkeit hat Priorität
Damit legt SKF den Fokus auf Produkte, die zugänglicher und benutzerfreundlicher sind. „Werden diese häufig gemeinsam verwendet, kombinieren wir sie miteinander, um Kauf, Administration und Montage zu vereinfachen“, erklärt van Camp. „Dazu zählen beispielsweise Lagergehäuse und integrierte Dichtungen.“ Zu den Neuerungen gehört auch der SKF Bearing Assist: Die mobile App unterstützt die Nutzer beim Montieren neuer Lager. „Sie leitet den Benutzer nicht nur Schritt für Schritt durch den optimalen Ablauf, sie gibt auch einen Montagebericht aus“, erklärt die CTO. „Diesen kann der Anwender mit den Wartungsberichten des Unternehmens vergleichen oder in der SKF Cloud abspeichern. Das vereinfacht zukünftige Wartungen und Austausche.“ SKF arbeitet momentan auch an neuen Produkten mit Fokus auf Benutzerfreundlichkeit, wie etwa Lagergehäuse, die melden, wenn sie korrekt ausgerichtet sind. „Schon kleinste Schiefstellungen können die Lebensdauer eines Lagers drastisch verkürzen. Dabei sind diese oft an schwer zugänglichen Stellen oder unter schwierigen Bedingungen installiert, zum Beispiel bei Anwendungen im Bergbau“, führt van Camp aus. „Wir möchten es unseren Kunden erleichtern, ihre Arbeit richtig zu machen.“
Aus Daten lernen
SKF macht sich zudem die großen Mengen an Daten moderner Industrieprodukte zunutze. Lager lassen sich mit Sensoren ausstatten, die Temperatur und Schwingung messen. Vernetzte Komponenten und digitale Management-Tools können daraus detaillierte Protokolle über den Einsatz und die Wartung von Maschinen und Anlagen erstellen. „Mit diesen Informationen fortlaufend funktionierende Maschinen zu realisieren, ist jedoch eine Herausforderung für sich“, weiß die CTO. Die Techniker von SKF sind zwar Experten für die Analyse von Leistungsdaten, doch bei Milliarden von Lagern, die SKF jedes Jahr herstellt, ist das eine große Herausforderung. „Als wir erstmals darüber nachdachten, diese Analysemethoden auf unser komplettes Portfolio anzuwenden, wurde uns schnell bewusst, dass nicht einmal ein ganzes Heer an Analysten diese Aufgabe bewältigen könnte. Die einzige Lösung bietet hier die künstliche Intelligenz“, sagt van Camp. „Diese erste Erkenntnis führte schnell zu einer weiteren: In unserer Organisation beschäftigen sich bereits Mitarbeiter mit KI-Systemen. Jedoch wäre ein Aufbau der von uns benötigten Kapazitäten im notwendigen Tempo ohne externes Know-how nicht möglich.“ Diese Zusammenarbeit bei F&E stellte für das 113 Jahre alte, für unabhängige Forschung bekannte Unternehmen eine große Umstellung dar. SKF profitierte jedoch schon sehr bald von der Öffnung nach außen: Die Gruppe SKF AI wandte sich an das israelische Start-up Presenso, das sich mit maschinellem Lernen im Bereich industrieller Zuverlässigkeit beschäftigt. „Es war von Anfang an klar, dass wir bei den Dienstleistern genau das finden würden, was wir suchten“, sagt Victoria van Camp. „Ihr Produkt war großartig, und sie hatten ein tiefes Verständnis für unsere Märkte. Einer der Firmengründer ist Mathematiker und Statistiker, der andere ein auf Zuverlässigkeit spezialisierter Maschinenbauingenieur.“ Die Zusammenarbeit funktionierte sogar so gut, dass SKF das israelische Unternehmen im Oktober 2019 übernahm. Schon jetzt profitieren die Kunden direkt davon: Die Technologie von Presenso durchsucht die in einem Werk generierten Daten automatisch und erkennt Probleme und Optimierungsmöglichkeiten. Für van Camp liegt das wahre Potenzial dieses KI-orientierten Ansatzes allerdings in seiner Anwendung auf die gesamte Menge an Daten, die SKF an den Kundenstandorten sammelt: „Unsere Experten verbringen eine Menge Zeit mit der Untersuchung von Produkten, die später in der Praxis versagen. Der Großteil unserer Lösungen besteht den Praxistest jedoch und hält länger als die Maschinen, in denen sie eingebaut sind.“ Durch die Analyse zahlreicher Lager im Feld ist die KI-Technologie in der Lage, die mit höheren Ausfallraten verbundenen spezifischen Probleme zu erkennen. Diese Technologie kann SKF bei der Feinabstimmung ihrer Forschung unterstützen, wodurch wiederum die Maschinen der Kunden besser laufen.