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Foto: Erik Schäfer

Software

Schlüsselwort Assoziativität

Die Vorstellung der Entwicklungslösung Solidworks 2019 kam ohne Täuschungen aus. Doch wie ist die gezeigte Performance überhaupt möglich? K&E hörte zu.

Nicht nur Kunstsinn mag die Dassault Systèmes-Tochter Solidworks in die Kunsthalle München gelockt haben (die Ausstellung „Lust der Täuschung“ ist eine der bestlaufenden Ausstellungen derzeit in München), sondern auch die Tatsache, dass die Virtual-Reality-Technologien heutiger Prägung in besonderer Weise die „Kunst der Täuschung“ beherrschen. Die Gewissheit, mit aufgesetzter VR-Brille, eben nicht gerade im Xten-Stockwerk eines Hochhauses auf einer über den Abgrund hinausragenden Holzplanke zu laufen, zweifelt unser Hirn massiv an. Täuschend echt ist die Umgebung digital dargestellt. Schon in der Antike machten sich Künstler das Wissen zunutze, wie „einfach“ sich unser Auge täuschen lässt. Dass wir nur rund 5 % aller auf uns ständig einprasselnden optischen Reize überhaupt verarbeiten können, mag die Manipulierbarkeit beflügeln.

Doch Solidworks ging es bei der Vorstellung der Entwicklungslösung, Version 2019, nicht darum, die eingeladenen Fachjournalisten zu täuschen. Die gezeigte Performance der Version 2019 war so beeindruckend wie real. Auf welchen Grundlagen dies beruht und warum gerade Konstrukteure, die sich mit großen Baugruppen befassen, von Solidworks 2019 begeistert sein dürften, das stellten Sales Director bei Dassault Systèmes Uwe Burk und seine Kollegen Andreas Spieler (Product Manager Central Europe der Solidworks Deutschland) und Ralf Otto (Territory Technical Manager Solidworks Products Professional, Channel Eurocentral) am Beispiel des Canada France Hawaii-Teleskops vor.

Innovation schlägt Kosten

Uwe Burk kam natürlich um die Nennung der Erfolgszahlen zu Solidworks nicht herum: Für die, nach den USA, zweitgrößte Community Zentraleuropa sollen bis Ende 2018 über 130.000 kommerzielle CAD-Lizenzen stehen. Allein im deutschsprachigen Raum sind das dann über 100.000 Lizenzen. „275.000 Unternehmen setzen weltweit auf Solidworks“, so Uwe Burk. Gerade im lokalen Bereich wichtig seien die Solidworks-Soft- und Hardware-Partner, die Kundenanpassungen, Implementierungen, Schulungen etc. durchführen. Weltweit arbeitet Solidworks mit 750 Entwicklungspartnern zusammen um spezielle Softwareerweiterungen für erweiterte marktspezifische Anforderungen für seine Kunden realisieren zu können – auch das laut Uwe Burk, welcher auf von deutschen Partnern entwickelte Lösungen für den Anlagenbau und den Stahlbau hinweist, sicher ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Solidworks insgesamt. Eine Kernaussage von Uwe Burk betraf jedoch einen Bereich, in dem weltweit eine Art Wettbewerb (wenngleich unter verschiedensten Namensgebungen) entstanden ist: Industrie 4.0: „Dieses weltweite Wettrennen hat bis auf die Erfolge bei der Digitalisierung noch wenig Substanz. Dassault spricht daher nicht von Industrie 4.0 sondern lieber von einer industriellen Renaissance. Wertschöpfung verstehen wir als Innovation in Wertschöpfungsketten. Es geht in Zukunft nicht mehr ausschließlich um die Optimierung von Margen, sondern um die Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Zukunftssichere Produktentwicklungslösungen sind gefragt und wir glauben hier führend und richtungsweisend zu sein. Es wird in künftigen Märkten, deren Dynamik wir im Online-Umfeld schon heute spüren können, um die Fähigkeit von Unternehmen gehen, die von den Märkten geforderten Innovationen wesentlich schneller und vom Endkunden direkt beeinflusst umsetzen zu können. Assoziativität ist hier der Schlüsselbegriff“, erklärte Uwe Burk. Gemeint ist eine intelligente Verknüpfung, die es der Software ermöglicht, Zusammenhänge innerhalb der Produktdefinition auch nach komplexen Änderungen automatisch wiederherzustellen. So beispielsweise, dass bei Änderungen an einem Bauteil oder einer Baugruppe, diese automatisch in allen gekoppelten nachfolgenden Prozessen automatisch aktualisiert werden und nach Freigabe dort sofort weiterverarbeitet werden können.

Wie sich die grundlegenden Verbesserungen im Bereich Baugruppenbearbeitung und -darstellung sich auf die Performance der CAD-Software auswirkt, zeigte Uwe Burk kurz am Beispiel einer wahrlich großen Baugruppe: dem detailliert in Solidworks abgebildeten Canada France Hawaii-Teleskop. Die 3D-Darstellung im sogenannten „Real-View“ der gesamten Baugruppe war in einem Video mit gesplitteten Bildschirm zu sehen. Links in Solidworks 2018, rechts in Solidworks 2019. Als die gesamte Baugruppe gedreht wurde, wurde deutlich, warum die Performance in der Entwicklungshierarchie der CAD-Software den ersten Platz einnimmt: während sich auf dem Solidworks 2018-Bild die Baugruppe noch mit leichten Verzögerungen und Detailreduktion bewegte (weil dazu enorme Berechnungsvorgänge auf allen Kernen der eingesetzten 8-Kern-CPU notwendig sind), drehte sich die gewaltige Baugruppe im Solidworks 2019-Bildschirm flüssig, in Echtzeit und – was in diesem Zusammenhang noch erstaunlicher war – in allen Details, inklusive der Schatten, Lichtreflexe etc., welche die einzelne Baugruppen oder Bauteile warfen. Wie ist das, bei Verwendung der gleichen CPU möglich?

Performance, Attention to detail, Design Ecosystem und Innovations

Die Erklärung für die unglaubliche Performance der Version 2019 und die unglaubliche Detailfülle lieferten dann Andreas Spieler und Ralf Otto, die von der Performance zu den Details, dem dazu notwendigen Design-Ecosystem bis zu den Innovationen den Vierklang der Softwareentwicklung verdeutlichten und auch erläuterten, warum diese (und keine andere) Reihenfolge bei der Entwicklung von Solidworks 2019 gewählt wurde und welche Rolle dabei die von Uwe Burk genannte Assoziation spielt. Zunächst zur Auflösung, wie die Performance zustande kommt: Beim Drehen der Baugruppe „Sternwarte“ wird nicht die CPU des Rechners belastet, sondern die GPU der eingesetzten Grafikkarte (Systemvoraussetzungen). „Die GPU kann viele einfache Schritte einfach schneller rechnen als die CPU. CPU und GPU erledigen jeweils die Aufgaben, die sie schneller bearbeiten können“, erläuterte Ralf Otto den Berechnungsvorgang. Er gab die Performance-Steigerung mit 20- bis 30-mal schneller an. „Was Sie sehen, ist „Real-View“ mit allen Details, wie Lichter, Schatten oder Materialanmutung. Das geht nur, weil die GPUs moderner Grafikkarten über mehr als 5.000 Rechenkerne verfügen“, ergänzte Andreas Spieler. Dann zeigten er und sein Kollege, wie sich das auf den Detaillierungsgrad auswirkt und stellten viele neue Funktionen vor, die das neue Solidworks 2019 mitbringt. Doch nicht nur die reine Anzeige und Datenberechnung geht nun fixer denn je, auch Simulationen am Rechner sollen nun um Faktor 3 schneller laufen. Viele Vorteile von Solidworks 2019 liegen aber auch in der Assoziativität, wodurch die Programmierer viele neue Features programmieren konnten, die der Performance zugutekommen.

Schneller bis ins Detail

So zum Beispiel das Prüfen großer Baugruppen LDR (Large Design Review), das Andreas Spieler zeigte: „Dazu muss der Konstrukteur nicht mehr die gesamte Baugruppe öffnen, sondern nur die jeweilige Displayliste.“ Neu ist auch, dass sich Teile platzieren, ein- und ausblenden lassen oder Arbeitsebenen schneiden, Komponenten löschen oder neue Komponenten hinzufügen und verknüpfen lassen – und das bei niedrigen Ladezeiten. Ein weiteres Highlight ist die Möglichkeit Bauteile in einer Bauteilgruppe mit niedrigerem Detailgrad abzubilden, was dann in allen Konstruktionsänderungen automatisch übernommen wird – hier kommt wieder die Assoziativität bzw. intelligente Verknüpfung ins Spiel. Notwendig kann dies sein, wenn zum Beispiel in einer Seilwinde ein Motor eines Fremdherstellers eingebaut ist und Kunde/Wettbewerb dieses „Detail“ nicht kennen müssen/ sollen. Die automatische Topologieoptimierung ist ein weiteres wichtiges Feature. Diese Funktion war in Solidworks 2018 erstmalig enthalten und hilft dem Konstrukteur nach Eingabe der auftretenden Kräfte/Schwingungen etc. Geometrisch das optimale Bauteil zu finden, und, die Entscheidung für das geeignete Fertigungsverfahren zu erleichtern (z.B. Guss- statt Frästeil). Doch die intelligenten Verknüpfungen gehen noch weiter, genauer, bis in die Fertigungsplanung hinein. So kann die Software nicht nur Biegefolgen und -Maße für Blechteile vorgeben, sondern auch beim Fräsen, das Werkzeug, die Fräsreihenfolge und -Verfahrwege. Auch bei Drehteilen wird von Solidworks 2019 anhand der Bemaßung/Toleranzen des Drehbauteils vorgeben, wie oft geschruppt beziehungsweise geschlichtet werden muss, damit das Bauteil exakt nach den Vorgaben gefertigt werden kann. Selbstverständlich sind für 3D-gedruckte Bauteile zahlreiche Funktionalitäten in Solidworks 2019 integriert – immer mehr Funktionen kommen hinzu. Im so genannten Composer ist es im Reiter „PDM-Integration“ nun sogar möglich, 3D-Bedienungsanleitungen innerhalb des Produktdaten-Managementsystems zu liefern. Auch diese Funktion ist erst durch Assoziation, sprich, die intelligente Verknüpfung möglich.

Die Renaissance der Innovation

Dass Innovation in Zukunft mindestens den gleichen oder gar einen höheren Stellenwert einnehmen wird als die Kostenreduktion, wie Uwe Burk zu bedenken gibt, zeigt auch, wie hoch Dassault Systèmes den Punkt Innovation gewichtet hat, der den Abschluss des Vierklangs (Performance, Attention to detail, Design Ecosystem und Innovations) bildet. Ralf Otto und Andreas Spieler zeigten hier Beispiele wie etwa aus der Handskizze auf einem Tablet schnell eine technische Zeichnung mit Bemaßung wird und damit ein fertigbares Bauteil entstehen kann. In Sachen Augmented- und Virtual Reality, verfolgt Solidworks laut Ralf Otto einen zweifachen Ansatz: einmal Direct XR und zum anderen Publish XR – dieser Ansatz ist Industriestandard und wird somit von allen möglichen Partnern verstanden. XR steht für „extended Reality“ und versetzt uns über eine geeignete 3D-Brille direkt ins Modell des Teleskops. Weitere Innovationen beziehen sich auf den Konstruktionsvorgang an sich. Mit den sogenannten 3D Markups können direkt am Modell Hinweise erstellt werden, zum Beispiel, um in eine Konstruktion gewünschte Änderungen einfach handschriftlich einzutragen, ohne dafür vorab die Zeichnung ausdrucken zu müssen. Das spart, Papier und Zeit und ist auch wieder möglich durch Assoziativität.

Erik Schäfer

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