Image
Foto: Bosch

Software

Werkzeugkosten: volle Kontrolle mit der NLPP-Methode

Wie Bosch die Werkzeugkosten für Aluminium-Druckgussteile, die unter anderem in Scheibenwischermotoren verbaut werden, mit der NLPP-Methode ermittelt.

Die Frage nach den zu erwartenden Werkzeugkosten stellt sich bereits in einem frühen Stadium der Entwicklung, in dem die Teilespezifikation noch schwammig und technische Zeichnungen Mangelware sind – weshalb es sich lohnt, die bei Bosch angewandte NLPP-Methode genauer unter die Lupe zu nehmen.

Klaus Mertens, bei Bosch tätig im Bereich Purchasing Project Management des Geschäftsbereich des Electrical Drives in Bühl, erläutert den eingeschlagenen Weg: „In intensiven Gesprächen mit unseren Werkzeug-Spezialisten haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass wir bei der Werkzeugkosten-Kalkulation die Perspektive wechseln müssen: weg von den Merkmalen des Werkzeugs, hin zum Teiledesign. Der Minder- bzw. Mehraufwand in der Herstellung eines Werkzeugs ist nämlich auf das Teiledesign zurückzuführen, wenn die Komplexität des Teils mittels eines Oberflächen- und Volumenparameters beschrieben und dementsprechend in der Kostenfunktion berücksichtigt wird. Dieser Parameter beschreibt den Erstellungsaufwand des Werkzeugs sehr genau und ist damit der klassischen Kostenprognose auf der Basis von Werkzeug-Charakteristika bei Weitem überlegen.”

Hochgenaue Zielpreisformeln durch die NLPP-Methode

Zur Kalkulation der zu erwartenden Werkzeugkosten nutzt Bosch die Software NLPP, die die komplexe Methode Non-linear Performance Pricing (NLPP) auch für Nicht-Mathematiker anwendbar macht. NLPP ermittelt hochpräzise Zielpreisformeln mittels einer mehrdimensionalen, nicht-linearen Regressionsanalyse, die die technischen Eigenschaften eines Prototypen im Verhältnis zum Werkzeugpreis betrachtet.

Zudem fließen in die Berechnung die Anzahl der Kavitäten sowie die benötigte Stückzahl des jeweiligen Bauteils ein. So findet die Software heraus, welche Design-Merkmale des Prototypen den Preis des Werkzeugs in welchem Ausmaß in die Höhe treiben – inwieweit z.B. das Teilegewicht den Preis stärker beeinflusst als die geometrische Masse, die vorgegebenen Toleranzen oder Standzeiten.

Foto: Saphirion
Beispielhafte Zielpreisformel, um den Werkzeug-Preis auf Basis der Teilegeometrie und der Kavität des Werkzeuges vorherzusagen.

Vorhandene Daten auf neue Projekte übertragen

Die Berechnung erfolgt dabei auf der Basis von Ist-Daten bereits angefertigter Prototypen und Werkzeuge. Robert M. Münch, Erfinder der NLPP-Methode, erklärt, warum sich vorhandene Daten auf beliebige neue Projekte übertragen lassen: „NLPP arbeitet mit der Grundannahme, dass Teile und Werkzeuge mit gleichen Spezifikationen auch gleich viel kosten müssen, also einen nahezu identischen Zielpreis aufweisen. Wenn der Anwender nun seinen Datenschatz aus früheren Projekten in die Software überträgt, verknüpft NLPP sämtliche Informationen und berechnet auf dieser Grundlage präzise Zielpreisformeln. Diese ‘codieren’ das gesamte Wissen über den Zusammenhang zwischen Teile- und Werkzeugdesign. In die Formeln setzt der Anwender anschließend die Merkmalsausprägungen des zu analysierenden neuen Prototypen ein – und kann so präzise Zielpreise für das Werkzeug prognostizieren.”

Benchmarks für die Werkzeugkosten

Die Software macht nicht-identische Objekte und Varianten mit Hilfe von Benchmarks vergleichbar, zeigt komplexe Wirkzusammenhänge auf, ermittelt das Kostensenkungspotenzial für einzelne Erzeugnisse und Werkzeuge und erlaubt Preisprognosen – nicht nur für die Werkzeuge, sondern auch für die neu zu beschaffenden Teile.

Funktioniert auch für andere Materialien

Auch wenn sich der Anwendungsfall von Bosch in Bühl zur Zeit nur auf den Bereich Aluminiumdruckguss beschränkt: Die NLPP-Methode ist universell zur Preisanalyse einsetzbar. „Von der einzelnen Schraube bis zum komplexen Dienstleistungsauftrag können sämtliche Beschaffungsobjekte mit NLPP auf den Prüfstand gestellt werden – natürlich nicht nur im Prototyping, sondern auch in der Serie”, versichert NLPP-Erfinder Robert M. Münch.

Universelle Kostentreiber identifizieren

Die Übertragbarkeit auf andere Bereiche will sich künftig auch Bosch zu Nutze machen, indem auch die Werkzeuge anderer Fertigungsverfahren analysiert werden. „Ich bin überzeugt, dass die gleichen Kostentreiber, die wir aktuell bei den Aluminium-Druckguss-Werkzeugen betrachten, grundsätzlich auch für z. B. Kunststoff- und Gummiteile anwendbar sind”, so Klaus Mertens. „Hier gibt es immer zwei Werkzeughälften, bei denen das Teile-Design jeweils in einer oder mehreren Kavitäten abgebildet werden muss. Lediglich der ‘Unterbau’ unterscheidet sich, so z. B. Cold- und Hot-Runner bei den Kunststoffteilen. Das wären aber für mich Klassifizierungsmerkmale, die grundsätzlich nur zu einer Verschiebung der Kostenfunktion führen sollten. Gleiches gilt für Stanz- und Tiefziehwerkzeuge – auch wenn hier weitere Design bedingte Parameter zu berücksichtigen wären sowie ggf. andere Klassifizierungsmerkmale.”

Lieferantengespräche auf transparenter Datenbasis

Dank NLPP fühlt sich Klaus Mertens nun für Lieferantengespräche besser vorbereitet. „Wir können faktenbasiert argumentieren und wissen, wo wir preislich landen müssen. Die hohe Prognosegenauigkeit von NLPP ist für diesen frühen Zeitpunkt im Produktentstehungsprozess wirklich beeindruckend. Überteuerte Angebotspreise können wir nun schnell und einfach identifizieren. Genauso sehen wir aber auch, warum ein bestimmtes Werkzeug leider nicht günstiger zu haben ist – die jeweiligen Preistreiber, die dafür verantwortlich sind, verrät uns die Software.” Und noch einen Vorteil bietet NLPP aus der Sicht von Klaus Mertens: „NLPP ermittelt eine Kostenfunktion, die wirklich einfach ‘von jedermann’ anwendbar ist. Das entlastet unsere Werkzeug-Spezialisten enorm.”

Ein konkretes Rechenbeispiel

NLPP berechnet drei verschiedene Zielpreisformeln, die den drei Marktbenchmarks „Worst-Practice”, „Zielpreis” und „Best-Practice” entsprechen. Es wird also nicht nur eine einzige Preisprognose erstellt, sondern der Anwender wird über die gesamte Bandbreite der zu erwartenden Preise informiert. Mithilfe der Zielpreisformeln ist es dann möglich, eine Preisprognose zu berechnung und ein konkretes Lieferantenangebot sofort zu bewerten:

  • Ein Costing-Experte möchte wissen, was das Werkzeug für Protoyp X kostet.
  • Er erzeugt einen einfachen Excel-Kalkulator, fügt die Leistungsparameter des Werkstücks zeilenweise ein, inklusive der zugehörigen Werte für den Einfluss auf den Preis. Beide Informationen entnimmt er den Zielpreisformeln.
  • Nun tippt der Einkäufer nur noch die Werte für die einzelnen Leistungsparameter in die gelben Felder der Tabelle ein – und erhält sofort die drei Zielpreis-Vorhersagen.
  • Der Angebotspreis des Lieferanten sollte sich in dieser Bandbreite bewegen.

Foto: Saphirion
Konkretes Rechenbeispiel, aus Geheimhaltungsgründen mit fiktiven Zahlen
Image

Software

Arrow Electronics : Datenerfassungsplattform

Arrow Electronics stellt Rapid Prototyping-Datenerfassungs-Plattformen vor.

    • Software, Hard- und Software
Image
Switche sind unerlässlich, um die Netzwerksegmente zu verbinden und die Teilnehmer mit den für einen reibungslosen Automatisierungsbetrieb notwendigen Daten und Informationen zu versorgen.

Industrial Ethernet

Welcher Switch ist der richtige?

Je größer und besser ausgestattet ein Switch ist, desto teurer ist er. Aber muss es für die Anwendung der Teure sein oder reicht die Mindest-Ausführung?

    • Elektrotechnik/Industrieelektronik
Image

Software

Datengestützte Entscheidungsfindung mit Mendix

Neue Services über die Low-Code-Plattform von Mendix ermöglichen die datengestützte Entscheidungsfindung in Fabriken sowie über Unternehmensdatenquellen.

    • Software, Hard- und Software
Image

Maschinen-/Konstruktionselemente

Intelligente Komponenten für IoT im Trend

Wie kann mit intelligenten Komponenten für das IoT das Maximum an einer vorausschauenden Wartung gelingen? Ein Führungsrollen-Projekt gibt Aufschluss darüber.

    • Maschinen-/Konstruktionselemente