Nach der Automotive-Industrie haben längst auch andere Industriezweige die Vorteile flexibel taktender Rundtische als Transfer- und Positioniersystem für sich entdeckt. Gießereibetriebe gehören ebenso dazu wie die Großteilebearbeitung von Kunststoff. Die Interstuhl Büromöbel GmbH & Co. KG in Meßstetten-Tieringen nutzt den Fibromat Schwerlastpositioniertisch nun in einer Integralschaum-Anlage für Industrie- und Laborstühle der Marke Bimos: In der variantenreichen, halbautomatisierten Produktion sorgt der kompakte Rundtisch für einen effizienten Transport der Schäumformen im laufenden Backprozess.
Die Marke Bimos gilt als Innovationsführer für das Sitzen in Industrie- und Laborumgebungen. Fünf Einsatzbereiche deckt das hochwertige Arbeitsstuhlprogramm ab: Produktion, Elektronikarbeitsplätze (ESD), Labor, Reinraum so-wie Steharbeit/Stehhilfen. Dabei geht es stets um zwei zentrale Anforderungen: Die Stühle müssen robust und langlebig sein für den täglichen Einsatz in an-spruchsvollen Arbeitsumgebungen. Und sie müssen einen hohen Sitzkomfort sowie eine perfekte Ergonomie gewährleisten. Stühle mit Komponenten aus Integralschaum können beides. Sie verfügen über eine geschlossenporige Oberfläche, die sie besonders widerstandsfähig gegen mechanische Beschädigungen macht und sich leicht und gründlich auch mit Desinfektionsmittel reinigen lässt. Zudem sind antistatische Ausführungen für den ESD-Bereich möglich.
Flexible Produktion von kleinen und mittleren Serien
Während Bimos Sitzkomponenten bei großen Serien auf vollautomatisierten Roboteranlagen produziert werden, ist bei kleinen und mittleren Serien aus Polyurethan weiterhin Handarbeit gefragt. Nur so lässt sich die hohe optische und mechanische Qualität der vielfältigen Industriestühle sicherstellen. An den Einlege- und Entnahmestationen lackieren Mitarbeiter manuell die bis zu sech-zehn auf den Rundtisch montierten Schäumformen und bestücken diese je nach Modell mit Aluminium-, Kunststoff- oder Holzeinlegern. Anschließend wird der von Interstuhl individuell entwickelte und gefärbte Integralschaum aus Isocyanat und Polyol eingeschossen, er quillt auf und wird je nach Form sieben bis neun Minuten lang gebacken. Beim Aufquellen entsteht ein Druck von bis zu zwei Tonnen. Während der Backzeit taktet der Fibromat Rundtisch in 22,5°-Schritten weiter bis die fertigen Sitze schließlich manuell entnommen und die Formen gereinigt werden. Dabei variieren die Losgrößen stark: In der Regel handelt es sich um Kanban-Teile, die in einer Größenordnung von rund 30 Stück abgerufen werden. „Wir bieten aber auch eine Liefergarantie von 10 Jahren und reparieren Stühle. Daher kann es bei einer auftragsbezogenen Produktion durchaus vorkommen, dass manche Werkzeuge lediglich für ein einziges Teil auf dem Rundtisch verbleiben und nach einer Runde wieder gewechselt werden“, berichtet Horst Ellenberger, der bei Interstuhl für den Bereich Facility-Management zuständig ist und die Anlage geplant und realisiert hat. Insgesamt 30 Varianten werden auf der Integralschaum-Anlage im Zweischichtbetrieb hergestellt, rund 400 Teile am Tag. „Wir produzieren auf dem Rundtisch ganz unterschiedliche Teile mit unterschiedlichen Backzeiten. Entsprechend flexibel müssen wir auch sein“, beschreibt Horst Ellenberger die Herausforderung.
Großer Aufbaudurchmesser
„Obwohl eine Lösung mit bis zu 12 Formen ausgereicht hätte, haben wir uns für 16 Formen entschieden. Das reduziert die Wartezeiten und wir haben weniger Werkzeugwechsel“, erläutert Ellenberger. Die Schäumformen und -gestelle haben allesamt identische Außenmaße, so dass sehr flexibel zwischen den einzelnen Modellen gewechselt werden kann. Damit nutzt Interstuhl das Poten-zial des Rundtischs voll aus. „Eine spezielle Anforderung war, dass der Rund-tisch den Gewichten, der Masse, dem Trägheitsmoment und dem drehenden Durchmesser inklusive Aufbauten von 8,20 m gewachsen ist“, beschreibt Fibro Fachberater Peter Finkenbeiner die Besonderheit der Lösung. „In punkto Tischgröße haben wir bei dem 1.250er Rundtisch das Optimum ausgereizt. Immerhin wiegt jedes der 16 Werkzeuge rund 250 kg. Hinzu kommt das Gewicht des Stahlträgers.“ Insgesamt liegt das Massenträgheitsmoment bei rund 33.000 kgm². 35.000 kgm² sind in der Spitze beim Fibromat in Baugröße 1.250 möglich. Es gelang also, die kompakte und preisattraktive Baugröße mit einem Maximum an Durchmesser und Trägheitsmoment auszuschöpfen. Um das Rundtischlager zu schonen und einen vibrationsfreien Lauf zu realisieren, werden das Gewicht des Aufbaus sowie die zusätzlichen Kräfte beim Öffnen und Schließen der Formen über Rollen abgestützt.
Mithilfe dieser Lösung ist es gelungen, zwei alte Rundtischanlagen mit jeweils acht Werkzeugplätzen durch eine neue mit insgesamt 16 Werkzeugplätzen zu ersetzen. Damit sind Effizienzeffekt sowohl bei der Investition in die Anlage als auch im laufenden Betrieb verbunden, denn verglichen mit der früheren Lösung sind bei der heutigen Kompaktlösung weniger Bediener erforderlich. Hinzu kommt ein hohes Maß an Flexibilität: Sollte es der Prozess erfordern, lässt sich der Rundtisch beliebig positionieren.
Modularer Aufbau senkt Kosten
Fibromat Schwerlastpositioniertische vereinen kompakte Abmessungen mit einer hohen Wirtschaftlichkeit. Konsequent modular und damit preisleistungsop-timiert aufgebaut, ermöglichen sie ein so hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, dass aufwändige und damit teure und langwierige Sonderlösungen zur Aus-nahme werden. Stattdessen profitieren Konstrukteure und Anwender von einem Baukasten, der keine Wünsche offenlässt: Art und Anzahl der Motoren, Größe der Mittenbohrung, Medienverteiler, Schleifringübertragungen oder Absolut-messsysteme – all das lässt sich bei dem lebensdauergeschmierten, wartungs-freien Verwandlungskünstler frei konfigurieren. Diesen Vorteil hat sich auch Interstuhl zunutze gemacht: So hat Fibro die Rundtischgröße, das Getriebe und den Umrichter entsprechend der Anforderungen ausgelegt und auf Wunsch von Interstuhl mit einem SEW-Elektromotor ausgestattet. Dieser wurde von SEW-Eurodrive in enger Abstimmung mit Fibro parametriert. So gelang es, den Rundtisch trotz der weit außen drehenden Massen ruhig und harmonisch zu beschleunigen und abzubremsen.
Je nach Baugröße liegt die Wiederholgenauigkeit der Fibromat Rundtische bei bis zu 10 Winkelsekunden, mit Absolutmesssystem lässt sich diese auf bis zu 5 Winkelsekunden steigern. Mit pneumatischer Indexierung sind bis zu 38 Teilungen möglich. Wird alternativ ein Master-Slave-Antrieb eingesetzt, lässt sich jede beliebige Position frei teachen und per Software spielfrei über die Motorbremse verspannen. Da das Getriebe nicht selbsthemmend ist, entstehen bei einem plötzlichen Stromausfall oder Notstopp keinerlei Schäden an der Mechanik des Rundtischs. In der Basisausführung wird der Fibromat Schwerlastpositioniertisch mit einem Motor ausgestattet und deckt bereits die meisten aller möglichen Anwendungen ab. Mit zwei parallelen Antrieben wiede-rum lassen sich besonders kurze Schaltzeiten realisieren, das Regelverhalten bei großen Lasten optimieren oder die Notstoppzeiten signifikant verkürzen. In der Grundversion sind Fibromat Positioniertische mit einem Asynchron-Servogetriebemotor mit vorkonfiguriertem Antriebsumrichter ausgestattet. Ebenso gut können, wie bei Interstuhl, alle gängigen Motortypen bekannter Hersteller eingesetzt werden. Die Antriebe sind stets so platziert, dass sie sich mit minimalem Aufwand und ohne Demontage der Anschlusskonstruktion nach unten ausbauen lassen. Standardmäßig verfügen Fibromat Rundtische über eine große, zentrale Mittenbohrung, die bei Bedarf zu minimalen Mehrkosten weiter vergrößert werden kann. Die Rundtische gibt es in vier Größen mit Schalttellerdurchmessern von 800 mm, 1.000 mm, 1.250 mm und 1.600 mm. Die kleinste Größe erlaubt Aufbauten bis Durchmesser 4.500 mm und Transportlasten bis 10.000 kg; die größten Aufbauten bis 9.500 mm und 25.000 kg. Die Mittenbohrung misst zwischen 320 mm und 1.200 mm. Sonderanschlussmaße und kundenspezifische Bohrbilder sind schnell und einfach umsetzbar.