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3D-Know-how

K&E fragte Eric Bredin, Vice President of Marketing EMEA, Stratasys, an welchen technischen Entwicklungen sein Unternehmen arbeitet.

iner der Pioniere im 3D-Druck ist die Firma Stratasys, 1989 in Minnesota von S. Scott Crump gegründet, dem Erfinder der FDM-Technologie (Fused Deposition Modeling). 2015 brachte das Unternehmen den Connex3 heraus, den ersten Farb- und Multi-Material-3D-Drucker und später den J750, den ersten Vollfarb-Multi-Material-3D-Drucker.

Herr Bredin, Stratasys konnte mit dem Connex3 und dem J750 technische Meilensteine setzen – was kommt als nächstes?

Erik Bredin: Wir bei Stratasys haben es uns zur Aufgabe gemacht, unsere Technologien zu entwickeln, um unseren Kunden branchenspezifische Lösungen zu bieten, sei es zur Verbesserung der Leistung und Effizienz von Prototypen, zur Unterstützung der Fertigung mit schnelleren, leichteren und kostengünstigeren Werkzeugen oder mit kundenspezifischer Fertigung. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir bei Bedarf weiterhin neue Geräte, neue Materialien und neue Softwarelösungen oder Plattformen einführen. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere kürzlich vorgestellte F123-Serie. Sie wurde für Arbeitsgruppenumgebungen entwickelt und bietet eine schnelle Iteration von Prototypen sowie einen integrierten Workflow und Drag & Drop-Funktionalität direkt aus der CAD-Software heraus. Ein weiteres Beispiel ist unser kürzlich angekündigtes Veroflex-Material für unseren Vollfarb-Multi-Material-J750-3D-Drucker, der auf die Anforderungen der Brillenindustrie zugeschnitten ist.

Ein deutscher Mitbewerber, die Firma Multec, brachte letztes Jahr einen Vierfachdruckkopf heraus, der mit dem FFF-Verfahren (identisch mit Ihrem namensgeschützten FDM-Verfahren) druckt und hohe Geschwindigkeiten und sogar den Druck von Hochtemperatur-Kunststoffen erlaubt …

Wie zu erwarten ist, treten immer mehr Beteiligte in den 3D-Druckmarkt ein. Jede einzelne Lösung, die eingeführt wird, wird wahrscheinlich ihre eigenen Besonderheiten haben. Gleichzeitig müssen alle neuen Lieferanten oder Techniken gründlich evaluiert werden bevor sie für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet sind. Scott Crump, Mitbegründer von Stratasys, hat die FDM-Technologie erfunden und wir entwickeln diesen Prozess jeden Tag weiter. Wir verstehen die Fähigkeiten der Kerntechnologie besser als die meisten anderen und arbeiten weiterhin mit unserem umfangreichen Kundenstamm zusammen, um Lösungen zu entwickeln, die die einzigartigen Probleme einzelner Märkte adressieren.

Auf der Solidworks World SWW18 im Februar in Los Angeles zeigte HP den brandneuen Farb-3D-Drucker den HP Multi Jet Fusion-Drucker-Serie 300/500 vor zu einem Preis ab 50.000 Dollar. Wie ist Ihre Antwort auf dieses Angebot?

Bei allen neuen Technologien braucht es Zeit, um die Leistungsfähigkeit und das Anwendungspotenzial zu beurteilen. Unsere Erfahrung in der 3D-Druckindustrie bedeutet, dass wir den Bedarf an vollfarbigen Teilen und Prototypen mit unseren Kerntechnologien abdecken und wir wissen, welche Materialeigenschaften der Markt fordert. Von der Farbgenauigkeit und Transparenz, über verschiedene Shore-Werte, Fotorealismus und Oberflächenqualität, die Anforderungen der einzelnen Märkte sind unterschiedlich, aber aufgrund unserer langjährigen Erfahrung verfügen wir bereits über bestehende Lösungen.

HP spricht von einer Voxel-Control mit der individuelle Voxel (3D-Pixel) mit unterschiedlichen Farben versehen werden können und der Werkstoff dennoch die gleichen Eigenschaften behalten soll. Wie sieht das mit Ihren Connex-Modellen aus? Welche Technologie steht da dahinter?

Voxel Print ist ein wichtiger Bestandteil unseres Angebots, und wir können die Lösung auf unserer J750 PolyJet-Plattform für Kunden anbieten, die eine Vorabkontrolle des Materialflusses oder der Verteilung an jedem beliebigen Voxel-Element in jedem Volumen wünschen. Für Kunden, die ihr eigenes Slicing (= zerlegen in zweidimensionale Schichten) verwalten können, bietet dies eine weitaus fortschrittlichere Lösung, die letztlich sogar die Eigenschaften einer Geometrie steuert, indem sie die Art und Weise verändert wie Materialien digital verteilt werden. Stratasys hat die einzige Lösung, die das Jetting (Drucken) verschiedener Materialeigenschaften (Farbe, Transparenz, Shore-Wert) kombinieren und auf Voxel-Ebene steuern kann.

Auf der Formnext in Frankfurt kündigten Sie letztes Jahr eine offene Voxel Print-Schnittstelle für den Vollfarb-Multi-Material-3D-Drucker J750 an. Jetzt kann im J750 auch der 3D-Druckertreiber Cuttlefish des Fraunhofer IGD eingesetzt werden. Was sind hier die herausragenden Vorteile?

Wie bereits erwähnt, ergeben sich die Vorteile aus der Fähigkeit, die vielfältigen Eigenschaften unseres Druckmaterials auf Voxel-Niveau mit der individuellen Slicing-Kontrolle zu kombinieren. Dies kann denjenigen Unternehmen einen grundlegenden Vorteil bieten, die an der Erforschung von Materialeigenschaften und -verhalten mit fortschrittlicher Additiv-Fertigungstechnologie interessiert sind. Oder für Standard-Prototyp-Anwendungen, bei denen Konstrukteure unabhängig vom verwendeten Gerät konsistente Materialausgabeeigenschaften wünschen. So stellen wir die Konstruktion und Herstellung von Modellen sicher, die in Form und Farbe mit der Originalquelle identisch sind. Dies garantiert, dass ein Prototyp, der auf einer J750 an einem beliebigen Ort auf diesem Planeten produziert wird, auch das gleiche Aussehen hat.

Kommen wir zu den Werkstoffen, Herr Bredin: Ist Stratasys auch im Werkstoffbereich bei der Entwicklung aktiv?

Egal welche 3D-Drucklösung wir bei Stratasys auch immer entwickeln, wir können nur garantieren, dass das Teil die erwarteten Eigenschaften hat, die der Kunde täglich und an jedem beliebigen Ort wünscht, indem wir den gesamten Prozess über drei Hauptpfeiler steuern: Hardware, Software und Materialien. Also ja, wir entwickeln Materialien für Polyjet und FDM, und wir arbeiten weiter an der Entwicklung, um alle speziellen Marktanforderungen zu erfüllen, von denen wir glauben, dass sie einen signifikanten Einfluss auf die von uns adressierten Industrien haben. Dies gilt für das Gesundheitswesen, die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie und andere Segmente. Dieses Denken können wir auch auf individuelle Anwendungen übertragen, sei es beim Prototyping oder Werkzeugbau für Hersteller oder bei der Herstellung von Medizinprodukten und Modellen für die chirurgische Planung. Wir arbeiten auch daran, das Material selbst zu verbessern, damit es den spezifischen Anforderungen der Industrie gerecht wird. Wenn es beispielsweise in der Luft- und Raumfahrtindustrie darum geht, Teile für den Kabinen­innenraum herzustellen, müssen wir sicherstellen, dass die eingesetzten Prozesse strengen Regeln entsprechen. Unsere Materialentwicklung geht mit einem ganzen Zertifizierungsprozess einher, der weit über die Zertifizierung des Rohstoffeinsatzes hinausgeht. Wir stellen ein umfassendes Know-how zur Verfügung, um eine professionelle Lösung zu garantieren, die die Akzeptanz der additiven Fertigungstechnologie für eine solche Branche weiter erhöhen wird.

Die Software spielt bei der digitalen Fertigung, wie sie der 3D-Druck verkörpert, eine wichtige Rolle. Sie sind da auf der CAD-Plattform GrabCAD unterwegs. Wie sieht Ihr Engagement genau aus?

Wie bereits erwähnt, ist Software ein Schlüsselfaktor für die Umsetzung des 3D-Drucks und der additiven Fertigung für viele Anwendungen. Zum Beispiel ist GrabCAD unsere Softwarelösung, die große Vorteile bei der Erstellung einer CAD-Konstruktion bis hin zum Druckprozess bietet. Wir haben damit Lösungen für die meisten unserer Plattformen eingesetzt, um die Workflow-Leistung zu verbessern. Je größer die Rolle ist, die die additive Fertigung in der Industrie spielt, desto mehr Designs müssen produziert werden und desto wichtiger wird die Workflow-Kapazität, um Engpässe zu vermeiden. Deshalb entwickeln wir Lösungen, mit denen wir mehrere 3D-Drucker gleichzeitig verwalten und gleichzeitig den Prozess von der Datei bis zum Druck automatisieren können. Mit den kürzlich eingeführten F123-Druckern können Sie beispielsweise Ihre ursprüngliche 3D-CAD-Datei per Drag-and-Drop auf ein Feld, ohne dass Sie STL-Dateien erstellen und die Qualität kontrollieren müssen. GrabCAD Print erledigt dies automatisch. Aber es gibt noch viel mehr zu tun, wenn es um die funktionale Optimierung für einfache Operationen geht, die den Alltag erleichtern.

Ende Januar kündigten Sie Ihr erstes deutschsprachiges Online-3D-Portal an. Was steckt dahinter?

Dieses Portal ist seit Januar dieses Jahres zugänglich und erweitert das Leistungsspektrum von Stratasys um die bedarfsgerechte Teileproduktion in der DACH-Region. Es ermöglicht Designern, Ingenieuren und Herstellern nach einer einfachen Registrierung sofort ein Angebot zu erhalten. Die Auftragsabwicklung erfolgt über einen regional zertifizierten Partner, der den 3D-Druck und die Lieferung der benötigten Teile übernimmt.

In den USA haben Sie bereits einen großen 3D-Drucker-Park mit über 250 3D-Druckern, darunter auch Exemplare anderer Hersteller, beispielsweise für den Metall-3D-Druck. Sind solche Maschinen-Parks auch in Deutschland geplant?

Stratasys selbst plant derzeit keinen vergleichbaren, eigenen Maschinenpark in Deutschland. In Europa arbeiten wir mit zertifizierten Partnern zusammen, die an unser globales Fertigungsnetzwerk angeschlossen sind. Im deutschsprachigen Raum beispielsweise arbeiten wir mit der „Partfabrik“ zusammen, geführt von Alphacam.

Noch eine Frage zum Schluss, Herr Bredin: Ihr Kollege Michael Gaisford, Director of Marketing, Medical Solutions bei Stratasys, kündigte auf der Solidworks World 2018 gemeinsam mit Easton LaChapelle, Gründer von „theroboarm“, ein gemeinsames humanes Projekt an: Stratasys will die ersten100 individuelle Arm-/Handprotesen in diesem Projekt drucken…

Wir unterstützen kontinuierlich Initiativen zur sozialen Verantwortung von Unternehmen und arbeiten mit Institutionen zusammen, die zu einer besseren Welt beitragen. Dies ist ein großartiges Beispiel dafür, wie die 3D-Drucktechnologie zu einer besseren Menschheit beitragen kann.

Fragen von Erik Schäfer/Übersetzung Petra Wildner

Foto: Stratasys
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