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Wirtschaftsmeldungen

„Das neue Normal“: Wie EBM-Papst durch die Krise geht

Die Jahrespressekonferenz der EBM-Papst Gruppe, die in Zeiten der Krise via Videostream stattfand, zeigte engagierte Aktivitäten in Sachen Digitalisierung.

Dass man gestärkt aus der Krise herausgehen möchte (Corona, Handelskonflikt USA-China, Automobil-Absatz), das machten Stefan Brandl, Vorsitzender der Geschäftsführung EBM-Papst Gruppe, sowie Hans-Peter-Fuchs, Gruppengeschäftsführer Finanzen und Controlling, in ihren Statements klar. Die Start-up Denkfabrik Neo ist da ein wichtiger Baustein. Und ja - auch bei den erfolgsverwöhnten Ventilatoren- und Antriebsspezialisten denkt man über Worst-Case-Szenarien nach.

Die Relevanz von Digitalisierung - nicht nur in der Krise

Stefan Brandl eröffnete die digitale Pressekonferenz, die in der Spitze 43 Teilnehmende verzeichnete: „Ich darf Sie herzlich zur Jahrespressekonferenz 2020 begrüßen. Es ist natürlich ein bisschen ungewohnt heute…eine ganz neue Atmosphäre. Man könnte sagen, auch das ist vielleicht das neue Normal‚ und die Zukunft, wie wir Pressekonferenzen abhalten – respektive, wie wir miteinander kommunizieren. Das zeigt jetzt schon ein bisschen die Auswirkungen, die wir in den letzten Monaten durch Corona erleben mussten. Aber natürlich hat das auch gewisse Vorteile, weil die Pressekonferenz im Rahmen einer digitalen Veranstaltung aufzeigt, dass die Digitalisierung eines der wesentlichen Themen ist, die uns in der Zukunft beschäftigen werden. Das war sicherlich vor der Krise schon ein wesentlicher Trend, konnte aber durch die Krise nochmals erheblich an Stärke gewinnen.“ Dann folgte eine Präsentation, in der Stefan Brandl im Einzelnen auf die Geschäftsentwicklung der EBM-Papst Gruppe einging.

Neue Lösungen für die digitale Welt

„Die Digitalisierung ist ein ganz wichtiger Ankerpunkt in unserer zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens. Ich glaube, ich habe es in den letzten beiden Jahren auch jedes Mal in den Pressekonferenzen erwähnt, dass wir mit der Gründung eines Thinktanks, unserer Neo-Organisation in Dortmund, schon sehr frühzeitig die Weichen gestellt haben, ein Geschäftsmodell aufzubauen für die digitale Welt – neben all den Industrie-4.0-Aktivitäten, mit denen wir ja schon über Jahre hinweg sehr im Unternehmen unterwegs sind. Wir wollen in der Zukunft mehr in die digitale Welt gehen und Lösungen entwickeln."

Vom Start-up zum Unternehmen

Stefan Brandl zu den konkreten Schritten, die aus der zunehmenden Digitalisierung der Unternehmensgruppe folgen: „Wir sind den Schritt weitergegangen und haben uns mit unserem Unternehmen im letzten Jahr an drei Start-ups beteiligt, die uns zukünftig Lösungen bieten, mit denen wir schnell in die Märkte gehen können, um insbesondere die Energiebilanz und die Raumluftqualität digital zu überwachen und zu optimieren…jetzt haben wir aus dem Thinktank ein Unternehmen gemacht. Aus dem EBM-Papst-Start-up haben wir die EBM-Papst-Neo gegründet. Die ist jetzt seit April am Start. Wir sind mit Hochdruck dran, um neue Geschäftsmodelle zu definieren und hier auch einen wesentlichen Beitrag zum Umsatz für die Zukunft der Gruppe zu erreichen.“

Zukunftsthema Raumluftqualität

Drei Technik-Trendthemen macht Stefan Brandl für die EBM-Papst Gruppe fest: Neben der Digitalisierung sind das die Raumluftqualität und die Energieeffizienz. „Corona und Raumluftqualität sind ganz sicherlich wichtige Faktoren, gerade in Asien, wo das Thema Raumluftqualität eine größere Rolle spielt – wenn man an all die Auswirkungen durch Smog in den Großstädten wie Peking oder Shanghai denkt. Da sehen wir für uns jetzt gerade aus der Krise heraus ein ganz starkes Wachstumsfeld, das wir mit diesem digitalen Ansatz zukünftig umsetzen wollen. Das bringt mich auch ein bisschen zurück zu den letzten zwei, drei Monaten, in der Krise: Wie hat EBM-Papst die Krise erlebt? Welche Erfahrungen haben wir mitgenommen?

Eine Nasenlänge voraus

Es war für uns auf der einen Seite ein Vorteil, dass wir sehr früh Erfahrungen hatten durch unsere Organisation in China, mit denen haben wir in Europa und im Rest der Welt sehr schnell Maßnahmen hochgefahren, um vor allem den Schutz der Mitarbeiter zu gewährleisten und sicherzustellen, dass wir unsere Kunden weiterhin bedienen konnten – auch in schwierigen Phasen. Der Lockdown hat uns teilweise an die Grenzen gebracht… Wir haben natürlich immer dafür gesorgt, dass wir Liquidität im ausreichenden Maße im Unternehmen verfügbar haben, um gestärkt durch die Krise zu kommen und um einen langen Atem innerhalb der Krise zu haben.“

Im Fokus stehen die Mitarbeiter, die Kunden und die Liquidität

Dann kam er auf die drei wichtigen Merkmale zu sprechen, die EBM-Papst für sich gesetzt hat: „Schutz der Mitarbeiter, Belieferung der Kunden und die Liquidität.“ Doch was sich in einigen Geschäftsbereichen als Belastung darstellte, hat in der Sparte Medizintechnik ganz andere Auswirkungen: „Da gingen die Auftragseingänge sprunghaft nach oben. Ich nehme nur das Beispiel Beatmungsgeräte. Das war schon eine Überzeichnung in den Märkten. Wir hatten zu unseren Bedarfen, die wir sonst im Unternehmen haben, eine 10-fache Überzeichnung. Es kamen Anfragen aus der ganzen Welt, um kurzfristig in diesem Geschäftsbereich Bedarfe zu bekommen.“ Auch in der Luft- und Klimatechnik ging es zeitweise hoch her.

Durch Corona die gesteckten Ziele verfehlt

Durch die Lockdowns haben sich laut Stefan Brandl „Märkte komplett verabschiedet“. Kunden und Zulieferer hatten geschlossen und konnten nicht mehr liefern: „So waren wir im Grunde tagtäglich in der Eskalation, um unsere Märkte zu versorgen, unsere Kunden zu versorgen und natürlich intern die Weichen zu stellen, um das Unternehmen sicher durch diese Phase zu bekommen. Mittlerweile sind wir wieder auf ein ‘normales Maß‘ zurückgekehrt und auf alle Eventualitäten gut eingestellt. Wir sind in Teilbereichen unseres Unternehmens – natürlich China vorneweg – mittlerweile bei 100 Prozent Auslastung angekommen, sodass wir sagen können, dass zumindest an diesen Stellen das Geschäft sehr, sehr gut läuft. Aber natürlich war das Ziel, mit über 2,2 Milliarden Euro das Geschäftsjahr 2019/2020 zu beenden (das Geschäftsjahr geht bei EBM-Papst immer vom 1.April bis zum 31.März), aufgrund der Coronaphase nicht mehr machbar. Wir haben in etwa das Vorjahres-Umsatzergebnis eingespielt. Von 2,185 Milliarden Euro sind wir leicht gewachsen auf 2,188 Milliarden.“

Durchwachsenes Bild auf den Weltmärkten

„Corona war, ausgelöst in China, bereits im Januar/Februar in unseren Umsatzzahlen zu spüren und dann hat das in Europa und im Rest der Welt ab der zweiten Märzhälfte Bremspuren hinterlassen“, machte Stefan Brandl deutlich. „Wir hatten bereits im zweiten Halbjahr 2019 Auswirkungen in der Industrie, Stichwort Automobilindustrie, zu verzeichnen. Dies hatte wiederum Auswirkungen auf den Industriesektor, allgemeiner Maschinenbau und Ausrüstungsindustrie. Das waren schon relativ schwierige Voraussetzungen, um unsere Ziele zu erreichen. Wir sind aber, in Anbetracht der Lage und des Gegenwinds, zufrieden mit dem Umsatz.“
Dann ging Stefan Brandl noch explizit auf die einzelnen Märkte ein, Nordamerika beispielsweise war ein starker Wachstumsmarkt im letzten Jahr. Hier spielten energieeffiziente Produkte in der Luft- und Klimatechnik eine entscheidende Rolle, womit er auch das dritte Trendthema „Energieeffizienz“ genannt hatte.

"Local for local" lautet die Devise

„Das ist für uns auch Ansporn in unserer Strategie ‚Local for local‘: weiterhin Akzente zu setzen, insbesondere in Nordamerika, um dort weitere Wachstumspotenziale zu erschließen.“ Er nannte in diesem Zuge auch den Produktionsausbau in China, wo man sich stark vergrößern möchte. „Asien insgesamt ergab ein unterschiedliches Bild. Zum einen durch den Handelskrieg USA-China, daher sind auch unsere Umsätze in China auf dem Niveau des Vorjahres. Die restlichen Märkte in Asien sind leicht gewachsen.“ So konnte das Unternehmen trotz Corona sein Vorjahresergebnis in Asien verteidigen und sieht dort weiterhin einen Wachstumsmarkt – daher die großen Investitionen in China.

Gutes Europa-Geschäft

Auch in Europa (ohne Deutschland) verzeichnete EBM-Papst Umsatzzuwächse von 1,7 %. In Deutschland allerdings ging der Umsatz um ganze 6 % zurück, ausgelöst durch die schwächelnde Automobilbranche. Dennoch merkte Stefan Brandl an: „Wir sind im letzten Jahr noch nicht so stark von der Automobilkrise betroffen gewesen, da wir viele neue Produkte im Anlauf hatten – die Volumina sind durch den Anlauf noch gewachsen. Wir haben unser Vorjahresumsatzniveau halten können, in der Antriebstechnik sind wir sehr stark gewachsen und haben bei den fahrerlosen Transportsystemen gute Perspektiven (Intralogistik). Das große Industriefeld Lufttechnik bleibt aber nach wie vor im Fokus. Hier haben wir mit rund 1,5 Milliarden Euro Umsatz die wesentliche Säule der EBM-Papst Gruppe und das Segment zeigt auch für die Zukunft erhebliches Wachstumspotenzial.“

Die internationale Unternehmensstrategie

Dann kam Stefan Brandl auf die Strategie zu sprechen: „Unsere Strategie steht nach wie vor auf dem Ankerpunkt 'Local for local'. Das heißt, wir wollen in den Regionen für die Regionen produzieren, entwickeln und vertreiben. Hier stehen dann die entsprechenden Investitionen dahinter…Wir haben in den USA unseren zweiten Standort an den Start gebracht. Wir sind in China in Xi'an (Hauptstadt der Provinz Shaanxi) mit der ersten Phase durch und produzieren schon dort. Phase zwei haben wir bereits beschlossen und gehen dort in die nächsten Baumaßnahmen, um unsere Kapazitäten dort nochmals deutlich zu erhöhen. Auch in den USA gibt es diese Pläne, die wir in den nächsten zwei Jahren umsetzen. Damit sehen Sie, dass wir in den Wachstumsmärkten starke Wachstumsanstrengungen unternehmen."

Investitionen in Europa

„Aber natürlich“, so Brandl weiter, „investieren wir auch weiter in Europa, als zentralem Standort, wo wir nach wie vor die meisten Produktionsstandorte haben. Wir haben in Ungarn stark investiert. Wir investieren derzeit in Mulfingen (EBM-Papst-Unternehmenszentrale) in die Entwicklung und werden natürlich auch hier weiterhin unsere Märkte mit hohem Fokus betreuen…Wir werden auch noch stärker in den Local for local-Ansatz investieren, um uns auch hier abzusichern und in der Krise auf mehreren Beinen zu stehen. Dazu muss man sagen, dass wir eine hohe Flexibilität an den jeweiligen Standorten haben, um für Krisensituationen wie die Corona-Pandemie gewappnet und immer lieferfähig zu sein. Das hat die Krise gezeigt, dass man auch an diesem Part noch stärkere Akzente setzen muss.“

Innovationen auch in der Krise!

Ein weiterer Punkt sei natürlich das Thema Innovation, machte Brandl deutlich: „Auch im Bereich Innovation lassen wir keinen Millimeter nach, auch nicht in der Krise. Hier wollen wir durch hohe Innovationsreife dafür sorgen, dass unsere Produkte zeitgerecht in die Märkte kommen und wir dadurch auch gestärkt aus der Krise herauskommen. Es gibt drei Megatrends, die wir für uns adressieren: Das Thema Digitalisierung, einer der wichtigen Ankerpunkte für Wachstum in der Zukunft, nicht nur aus den Aspekt von Industrie 4.0 heraus, sondern insbesondere aus unserer Produktwelt heraus. Wir wollen wesentlich stärker in dem Bereich Digital Services aktiv werden. Wir haben ein starkes Thema im Bereich Raumluftqualität, auf Neudeutsch 'Indoor air quality'.“ Auch da, im Bereich der Luft- und Klimatechnik, sei EBM-Papst mit einem Feuerwerk an neuen Produkten unterwegs.

Und der Energieeffizienztrend, der sich durch die Nachhaltigkeitsdiskussion schon seit Jahren abzeichnet, habe sich nicht abgeschwächt, wie Brandl betonte: „Ganz im Gegenteil! Ich gehe davon aus, dass wir durch die Krise hier eher nochmal eine Stärkung dieses Trends sehen. Das ist für uns Ansporn, im Bereich unserer Produkte Wirkungsgradoptimierungen und natürlich auch Geräuschoptimierungen weiter voranzutreiben.“

Wie wirkt sich die (Corona-)Krise aus?

Zum Schluss seiner Ausführungen kam Stefan Brandl auf die Zukunft zu sprechen: „Der Blick nach vorn, damit sind wir alle beschäftigt. Wie kommt man aus der Krise heraus? Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Kennzahlen eines Unternehmens? Die Frage bleibt natürlich unbeantwortet.Wir rechnen mit unterschiedlichen Szenarien. Wir haben uns zwischen Best- und Worst-Case ein Spektrum aufgebaut, in dem wir alle möglichen Aktivitäten und Maßnahmen durchspielen und auf Sicht anpassen.“

Der Juni sendet postitive Zeichen

„Nach heutigem Stand, zweieinhalb Monate im neuen Geschäftsjahr, haben wir einen starken Einbruch im April erlebt mit fast 29 Prozent Rückgang. Wir haben im Mai nochmals einen erheblichen Rückgang gehabt gegenüber Vorjahr. Wir sehen aber jetzt im Juni bereits deutlich bessere Tendenzen, sodass wir davon ausgehen, dass die Gruppe im Juni den Monat soweit abschließt, dass wir auf das erste Quartal einen Umsatzabschlag in der Größenordnung von 20 Prozent verzeichnen. Nach vorne gerichtet, durch den immer stärker werdenden Auftragseingang, uns irgendwo zwischen ‚Best‘ und ‘Middle‚ einpendeln werden.“

Alle Szenarien durchspielen...

„Wir hoffen und gehen davon aus, dass es ein einstelliger Rückgang sein wird – darauf richten wir uns im Moment mit allen unseren Aktivitäten und Maßnahmen ein. Aber natürlich weiß keiner ‘Gibt es eine zweite Welle? Welche Auswirkungen würde eine zweite Welle haben?‘ Wir sehen es in den Märkten, wie hoch die Volatilität derzeit ist. Da gibt es das Beispiel Gütersloh (NRW) in den letzten Tagen oder in Peking auf dem Lebensmittelmarkt. Das kann immer wieder neue Auswirkungen auf das Geschäft haben. Deswegen brauchen wir nach wie vor ein breites Spektrum an Aktivitäten und Maßnahmen, um uns für alle Eventualitäten abzusichern und alle Szenarien durchzuspielen. Hier sind wir gut aufgestellt“, zeigte sich Stefan Brandl vorsichtig optimistisch.

Strukturen auf dem Prüfstand

Auch intern habe das Unternehmen seine Chancen und Möglichkeiten analysiert: „Wir müssen uns organisatorisch auf Szenarien einstellen und fahren auch an dieser Stelle Programme, die im Unternehmen dafür sorgen, dass wir die Strukturen genau ansehen, dass wir Prozesse im Unternehmen ansehen und unsere Strukturen anpassen und auf dieses ‘neue Normal‘ einstellen“, so Brandl.
Hier nannte er den Standort Landshut (Bayern), an dem eine Restrukturierung durchgeführt werden soll, „um Landshut in eine sichere Zukunft zu führen“, wie er das vorsichtig ausdrückte. „Durch die Vernetzung, durch die Digitalisierung gibt es viele Chancen und Möglichkeiten, die wir nutzen wollen und die sich auf die Arbeitskultur niederschlagen. Mobiles Arbeiten ist ein Thema, vielfach Homeoffice…das nutzen wir alles, um gestärkt aus der Krise herauszugehen.“

Investitionsquote liegt bei 6 Prozent

Hans-Peter-Fuchs, Gruppengeschäftsführer Finanzen und Controlling, hatte das Schlusswort. „Wenn wir auf die Investitionen schauen im letzten Jahr – Sie haben es gehört, der Umsatz stagnierte zum Vorjahr – lagen diese auch in etwa auf dem Vorjahresniveau mit 134 Millionen Euro. Das entspricht einer Investitionsquote von 6 Prozent. Nichtsdestotrotz, Investitionen liegen bei uns immer noch deutlich über den Abschreibungen. Das heißt, wir gehen in die Kapazitätserweiterung und haben etwa hälftig die Investitionen im In- und Ausland getätigt. Insbesondere in den Kapazitätsaufbau, in den verlängerten Werkbänken, in Rumänien, Ungarn aber auch in Xi’an (China) und Johnson City (Tennesee), unseren Standort in den USA.“

Auf Sicht fahren

Fuchs weiter: „Der weiße Balken (siehe Grafik) zeigt es schon: Wir sind für 20/21 äußerst bedacht. Liquiditätssicherung hat äußersten Fokus in der heutigen Situation. Insofern werden wir uns genau darauf einstellen und auf Sicht fahren, wie hoch die Investitionen am Ende ausfallen werden. Wir werden an den Investitionen baulicher Natur natürlich festhalten, werden uns aber immer den Raum geben, um anzupassen, wenn Anpassungsbedarf notwendig ist.“
Dann kam Hans-Peter Fuchs auf die Belegschaft zu sprechen: „Die Belegschaft hat sich im letzten Jahr – wir hatten ja schon so fünf, sechs Monate eine konjunkturelle Eintrübung – reduziert um 420 Mitarbeiter verglichen zum Vorjahr. Wir haben überwiegend natürlich flexibel reagiert über Leiharbeiter und sind aktuell bei 14.600 Mitarbeitern, zu 45 Prozent etwa in Deutschland – mit 6.600 Mitarbeitern – und zu 55 Prozent mit etwa 8.000 Mitarbeitern im Ausland unterwegs. Wir haben die Kapazitäten schon im letzten Halbjahr anpassen müssen…Die Stammbelegschaft ist in etwa gleich geblieben.“

Keine Abstriche machen

Für die Entwicklung gab Hans-Peter Fuchs einen Wert von 115 Mio. EUR an. Das war mehr als im Vorjahr, überwiegend für den Aufbau von Entwicklungsaktivitäten in den USA. „Doch auch hier bleiben wir natürlich flexibel. Wir werden keine Abstriche machen, definitiv nicht in der Entwicklungsquote (6 %) und werden weiterhin in das, was notwendig ist, investieren, im digitalen Bereichen, in der Modernisierung, der Baureihenentwicklung und bei innovativen Themen.“

Der Hauptstandort Mulfingen erwirtschaftet inzwischen über 1 Mrd. Umsatz und hatte ein Umsatzwachstum von 1,6 % im letzten Jahr. Personell wurden 2 % (80 Leute) aufgebaut. Auch am Standort St. Georgen (Automotiv und industrielle Antriebstechnik) konnte der Umsatz nominell gesteigert werden. Auch in Rumänien wurde ein Standort aufgebaut und in Betrieb genommen. Die industrielle Antriebstechnik lief dank der Impulse aus der Intralogistik sehr gut. Am Standort Landshut (Bayern) ging der Umsatz um 5 % zurück. Der Hausgerätebereich war weitestgehend stabil, jedoch ging der Heizungsbereichlaut Hans-Peter Fuchs „deutlich nach unten“. Auch zu den Entwicklungen der ausländischen Standorte gab Hans-Peter Fuchs detaillierte Zahlen.

Eine Strategie für unruhige Zeiten

„Wenn man zusammenfasst, was uns dieses Jahr bevorsteht…im letzten Jahr waren es die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten, die Spannungen USA-China und auch die Spannung USA – Europa, die noch nicht aufgeklärt sind. Und nun die Coronakrise. Den Ansatz "Local for local" werden wir weiterhin stark verfolgen, weil er uns auf der einen Seite einfach vor handelspolitischen Hemmnissen schützt und auf der anderen Seite Wechselkursverwerfungen vermeidet. Auch von der Ressourcenstrategie bietet das entsprechende Vorteile“, so Hans-Peter Fuchs.
„Für 2021 sieht es natürlich generell nicht gut aus. Die weltweite Situation wird aktuell mit minus 3 Prozent Wirtschaftswachstum gesehen. Gestern hat der Sachverständigenrat die Zahlen nochmals angepasst: Deutschland wird mit minus 6,5 bis 7 Prozent gesehen. Europa bei minus 7,5 bis 8 Prozent und die USA bei minus 6 Prozent. Das heißt, wir stehen vor der größten weltweiten Rezession nach dem Zweiten Weltkrieg – die USA hatten überhaupt noch nie einen solchen Zustand mit minus 6 Prozent. Insofern müssen wir uns auf verschiedene Szenarien einstellen.“

Durch „One EBM-Papst“ Redundanzen vermeiden

Und EBM-Papst ist gut aufgestellt, wie der Gruppengeschäftsführer Finanzen und Controlling deutlich macht: „Auf der einen Seite haben wir eine Liquiditätssituation, die sehr komfortabel ist und uns sehr gut durch die Pandemie führen wird und auch Wachstum ermöglicht….Wir können uns sehr schnell auf verschiedene Situationen einstellen. Die Strategie „One EBM-Papst“ lebt weiter, wir wollen dadurch auch Redundanzen vermeiden, wenn wir als Gruppe zusammenarbeiten.“

Neue Geschäftsmodelle durch Digitalisierung

Fuchs fährt fort: „Wir sind an drei Start-ups seit letztem Jahr beteiligt und natürlich geht es in Zukunft darum, zusammen Daten zu analysieren und zur Verfügung zu stellen, um die Themen Energieeffizienz und Gebäudeeffizienz weiterzubringen. Das mündet auch in dem Label ‘Green Intelligence‘, was letztlich Greentech plus Digitalisierung bedeutet. Da sind wir sehr gut aufgestellt, um das erfolgreich weiterzuführen.“
Dann verwies er noch auf die vielen weißen Flächen für das aktuelle Planungsjahr, was daran läge, dass man hierzu wenig sagen könne. „Da geht es uns wie allen anderen auch. Wir rechnen mit Korridoren. Wir rechnen mit Sensitivitäten. Wir versuchen die Bandbreiten zu ermitteln, um zu Wissen, was das bedeutet, was wir zu tun haben, wenn die Bandbreiten erreicht werden. Insofern bleibt alles weiterhin variabel und sehr auf Sicht und wir werden das tun was notwendig ist. Sollten die Zeiten besser werden, werden wir an vielen Stellen auch wieder deutlich anders agieren. Aber aktuell fahren wir alles mehr im Stand-by-Modus und schauen uns an, wie sich die Entwicklung weiter verhält.“

„Das neue Normal“

An diese beiden Statements schloss sich dann die Fragerunde für die insgesamt 43 Teilnehmer an dieser Bluejeans-Streaming-Pressekonferenz an. „Das neue Normal“, von dem Stefan Brandl zu Beginn der virtuellen Pressekonferenz sprach, heißt also auch erst einmal für alle Beteiligten „auf Sicht zu fahren“, wie das Hans-Peter Fuchs nochmals klarstellte. Noch ist also nicht absehbar, ob und wie schnell eine wirtschaftliche Erholung eintreten wird. EBM-Ppapst scheint jedenfalls für alle Eventualitäten gerüstet – vom Best- bis zum Worst Case.

Foto: Screenshot Erik Schäfer
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