Foto: Erik Schäfer

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Materialien für die Additive Fertigung

Igus zeigte auf der Formnext seine Materialien für die Additive Fertigung. Unser Chefredakteur Erik Schäfer verschaffte sich einen Überblick über das Portfolio.

Mit hitzebeständige Komponenten und Kreativität zu neuen Materialien für die Additive Fertigung, denn es muss nicht immer Hightech sein, die uns dabei unterstützt, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Manchmal reichen neben einer guten Portion Kreativität auch der richtige Draht zu den notwendigen Bauteilen, um daraus ein funktionierendes Ganzes zu entwickeln, das dann zu neuen Erkenntnissen, oder wie in diesem Fall, zu neuen hitzebeständigen Kunststoffwerkstoffen führt. Gemeint sind etwa die Werkstoffe Iglidur J350, RW370 und A350, die sozusagen „im Ofen“ entstanden, getestet und freigegeben wurden.

Welche Materialen für die Additive Fertigung bietet Igus an?

Was Igus auf der Formnext zeigte, waren natürlich neue Materialien und zahllose Beispiele für die Aktivitäten des Unternehmens im Bereich der Additiven Fertigung. Mit den AM-Werkstoffen lassen sich beispielsweise schmiermittelfreie und wartungsarme Bauteile drucken. „Das ist ja das, was Igus unterscheidet von anderen 3D-Druck-Filament-Anbietern“, wie das Unternehmen betont.

Neben den Filamenten gehören auch die Iglidur-SLS-Pulver zu den AM-Materialien von Igus. Zum Service des Unternehmens gehört auch, dass man sich fertige Bauteile (Im FFF- oder im SLS-(Pulverbett)-Verfahren) drucken lassen kann. So etwa die im SLS-Verfahren gedruckten Kunststoffzahnräder, die laut Igus-Versuchen und Lebensdauertests einen Vorteil gegenüber herkömmlich spanend (gefräst, gedreht etc.) gefertigten Zahnrädern aufweisen: „Die SLS-gedruckten Igus-Zahnräder halten so gut oder auch besser (je nach Anwendung) als gespritze oder gefräste Zahnräder aus herkömmlichen Kunststoff-Zahnradwerkstoffen. Ein weiterer Vorteil ist die Fertigung von Sonderzahnrädern ab der Stückzahl 1 sowie die Umsetzung von Geometrien, die unter Umständen im Spritzguss oder mechanisch bearbeitet gar nicht möglich wären – beispielsweise eine optimierte Schneckenradgeometrie, oder ein innenbelüftetes Zahnrad“, ist von Igus zu hören. Mittels des Online-Zahnrad-Lebensdauerrechners lässt sich zudem eine Lebensdauerschätzung ermitteln, die auf vielfache, explizite Lebensdauerversuche bei Igus basiert. Damit hat das Unternehmen seine Online-Lebensdauerrechner empirisch validiert.

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Genauso verhält es sich mit den neuen Hochleistungs-Kunststoffen für den 3D-Druck nach dem Fused Deposition Modeling (FDM)-Verfahren, bei dem der Kunststoffdraht (das Filament) im Druckkopf aufgeschmolzen und dann Schicht für Schicht aufgetragen wird. Die Iglidur-Hochtemperaturwerkstoffe, die nun auch als Filament erhältlich sind, wurden inzwischen zahlreichen Tests unterzogen, bis sie dann tatsächlich in den Handel kamen.

Wie das Filament von der Garnspule entstand

Dass man die hitzebeständigen Werkstoffe von Igus aus Köln heute auch als druckbares Filament, schön aufgerollt wie auf einer Garnspule, kaufen kann, ist einer ganz besonderen Geschichte zu verdanken, die Konstruktion & Entwicklung auf der Formnext in Frankfurt am Main sozusagen aus berufenem Mund erfuhr.

M. Eng. Niklas Eutebach, heute Development Engineer Additive Manufacturing bei Igus, hat für seine Masterarbeit einen von Grund auf neuen 3D-Drucker entwickelt mit einer isolierten, beheizbaren Baukammer, um damit seine Hochtemperatur-3D-Drucke zu realisieren. Der Druckkopf des Hochtemperatur-Filament-Kunststoffdruckers, der sein Druckmaterial von der Rolle abspult im Druckkopf aufschmilzt und dann Lage für Lage zum Bauteil werden lässt, wird mittels hochtemperaturbeständigen Igus-Linearsystemen bewegt. Angetrieben werden die Edelstahlspindeln in der X-, Y- und Z-Achse (Dryspin-Steilgewindespindeln) dabei von Standardschrittmotoren von Igus. Die Linearführungen vom Typ Drylin W stammen aus dem Igus-Sortiment, wie auch die Spindelmuttern aus Iglidur X sowie C500, die den Bauraumtemperaturen standhalten.

„Der Teststand war Teil meiner Masterarbeit für die Entwicklung von Hochtemperatur-Filamenten“, so Niklas Eutebach. Das Original ist seit rund zwei Jahren im Einsatz und darauf konnten die Hoch­temperatur-Kunststoffe für den 3D-Druck, wie etwa die genannten Iglidur J350, RW370 und A350 getestet und entwickelt werden. Letzterer hält bis 180 °C Dauertemperatur stand. Damit der selbstgebaute Hochtemperaturdrucker diese Materialien überhaupt drucken kann, kann die Düsentemperatur bis 400 °C betragen. „Der Arbeitsraum selbst ist bis zu 200 °C warm“, erzählt Niklas Eutebach.

Der Hochtemperaturdrucker für Maker

Und noch eine weitere Besonderheit hat es mit diesem Igus-Hochtemperatur-3D-Drucker auf sich, wie Niklas Eutebach berichtet: „Den Hochtemperatur-3D-Drucker kann man komplett selbst nachbauen. Dazu haben wir die Baupläne und Materiallisten auf unseren Blog gestellt.“

Igus zeigte auf seinem Formnext-Messestand neben den Hochtemperaturwerkstoffen auch zahlreiche andere Iglidur-Filamente, etwa für Greifer. Diese wurden in einem Ultimaker-Drucker in einem Zug (dank Doppeldruckkopf) aus zwei unterschiedlichen Werkstoffen gedruckt. Schwarz ist der faserverstärkte Grundkörper der die notwendige Festigkeit bietet und weiß sind die Greiferflächen – Zahnradlauffläche oder Lagerflächen, je nach Bauteil – die aus Iglidur I150 bestehen, um die sehr guten Gleitlagereigenschaften zu nutzen oder bauteilschonende und verschleißfeste Werkstücke zu greifen. Wer also nach der Praxisrelevanz des 3D-Drucks für die Industrie fragen sollte, der wurde hier ganz sicher fündig – nicht nur am „Ofen für neue Erkenntnisse.“

Foto: Erik Schäfer