Foto: AIM3D

Produktionsverfahren

Mit CEM Keramik 3D-drucken

Per Additive Fertigung geht mit technischer Keramik mehr. Der 3D-Drucker von AIM3D kann beispielsweise Bauteile aus verschiedenen Materialien fertigen.

Für das Verarbeiten von Keramik erweitert die Additive Fertigung die Grenzen der Herstellungsmöglichkeiten. Das Forschungsinstitut für Glas-Keramik (FGK) der Hochschule Koblenz arbeitet seit 2021 mit einem Ex-AM 255 von AIM3D. Gedruckt wird im CEM-Verfahren (Composite Extrusion Modeling). Vorteile: Keramische Prüfkörper können schneller und günstiger ausgewertet werden und es sind mehr Materialkombinationen als bei klassischen Fertigungsarten möglich. Im Fokus stehen dabei technische Keramiken, aber auch medizinische Anwendungen.

Der Kosten- und Zeitvorteil rührt vom werkzeuglosen Bauteilaufbau her. Das ist nicht nur im Prototyping interessant, sondern auch für Prüfteile zur Materialentwicklung. Denn so können neue keramische Werkstoffe und Granulatrezepturen schneller bewertet und entwickelt werden. Der CEM-Drucker macht das FGK aber auch unabhängig von der Industrie, da keine Formen und Kapazitäten für Prüfkörper dort abgerufen werden müssen.

Das CEM-Verfahren von AIM3D druckt mit konventionellen Granulaten und Pulvern. Der 3D-Druck erlaubt bionische Strukturen mit unterschiedlichen Dichten. Auch die für das konventionellen CIM-Verfahren typischen Spannungen im Bauteil sind im CEM weniger. Leichtere Teile mit weniger Material können entstehen.

„Der eigentliche Charme dieses CEM-Verfahrens von AIM3D ist die Flexibilität. Der Multimaterialdrucker Ex-AM 255 erlaubt Kombinationen von Keramik/Keramik, Keramik/Polymere oder Keramik/Metall. Hybride Bauteile erweitern die Bauteileigenschaften als funktionales Design enorm“, sagt der Projektingenieur und wissenschaftliche Assistent am FGK, Murat Demirtas. Ebenfalls möglich werden Bauteile, die als volumiger Grundkörper im CIM-Verfahren (keramischer Spritzguß) entstehen, und mit einer kleineren Komponente im CEM-Verfahren bedruckt werden.

Interessant ist auch die Kombination von Keramik zur elektrischen Isolation und Metall für die Leitfähigkeit. Dies ermöglicht MID-Ansätze (Multi Integrated Devices). Zusätzlich können die Leistungseigenschaften eines Bauteils erhöht werden. Mögliche Parameter sind variable Korngrößen, bestimmte Oberflächen-Charakteristika, aber auch bestimmte chemische (Medienresistenz), elektrische (Leitfähigkeitsfakor) oder thermische (Temperaturbeständigkeit) Eigenschaften.

Darauf müssen Konstrukteure achten

Auf Keramik ausgelegte Konstruktionssoftware gibt es noch nicht. Die ursprüngliche Geometrie eines 3D-Bauteils wird durch Iteration mittels Finite Elemente Analyse (FEA) optimiert. Durch Simulation der Belastungszonen innerhalb des Bauteils wird es schrittweise verbessert. Angepasste Iterationen des 3D-Bauteils ergeben sich auch durch den Schrumpf der Keramik über die thermische Prozessführung. Denn nach dem Druck muss das noch weiche Keramikbauteil wärmebhandelt werden. Dadurch schrumpft das Bauteil. Das muss der Konstrukteur mit einberechnen. Auch Stützstrukturen für die Phase der Wärmebehandlung können sinnvoll sein.

Wichtig ist die Topologie: So werden Gitterstrukturen möglich, die Gewicht einsparen, dabei aber Festigkeit gewährleisten. „Die Werkzeuge der Finite Elemente Analyse ermöglichen, ein Bauteil bestmöglich auf eine Anwendung hin zu designen. Dabei werden Aspekte der Bionik, Topologie, Materialeinsparungen und Leistungscharakteristika kombiniert“, ergänzt Demirtas.

Wo werden keramischen Bauteile eingesetzt?

Hauptanwendungsbereich für keramische Bauteile sind medizinischen Implantate. Da hier ihre Biokompatibilität in Kombination mit Festigkeit ein großer Vorteil ist. Ebenso wie die offenporösen Strukturen, die sichbesonders gut zur Aufnahme im Gewebe eignen. Selektive Dichten sparen Material oder Gewicht und erzeugen gewünschte E-Module.

Kerngebiet ist aber die Technische Keramik. Je nach Anwendung kann eine keramische Lösung folgende Charakteristika aufweisen:  Hitzebeständigkeit bis weit über 1000 °C, elektrische Isolation, hohe Dielektrizitätskonstanten, hohe Abrieb- und Verschleißfestigkeit, Härtegrade, variable Wärmeleitfähigkeit, niedrige Dichte oder auch geringe thermische Ausdehnung. Das sind nur einige Stichworte des vielseitigen Werkstoffes.

Anwendungsgebiete sind beispielweise Heizelemente, Zündkerzen, Hochspannungselemente, elektronische Schaltungen, Keramikkondensatoren mit hoher Volumenkapazität, Gleitflächen, Düsen zum Laser- und Wasserstrahlschneiden (Schneiddüsen), Gleitlager in Pumpen, Kolben und Zylinder, pulverbeschichtete Metallflächen, Kugellager, Verwendung als Schneidstoff (Schneidkeramik) bei der spanenden Bearbeitung oder Beschichtung von Pumpen in der chemischen Industrie.

Foto: Guido Radig Demitras vom FGK zeigt, dass ein Wechseln der Materialzuführung (Feedstock) am CEM-Drucker einfach ist.
Foto: FGK Diese keramischen Prüfmuster in Mehrkomponenten- und Mehrfarbentechnik wurden am FGK gedruckt.
Foto: Simone Käfer Ein Vergleich von AIM3D zu den Verfahren, die technische Keramik verarbeiten, ergab obige Vor- und Nachteile.
Foto: Guido Radig Die CEM-Anlage ExAM 255 von AIM3D am FGK dient in erster Linie der Materialforschung.
Foto: AIM3D Bauraum der CEM-Anlage ExAM 255
Foto: AIM3D Zwei-Komponenten Keramik in mehreren Lagen (unten Aluminiumoxid weiß, oben Aluminiumoxid rot)
Foto: FGK Keramische Prüfmuster in verschiedenen Geometrien