Lager- und Kommissionier-Umgebungen werden seit Jahren zunehmend automatisiert, um dem stetig steigenden Warenumsatz im Online-Handel gerecht werden zu können. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch befeuert. Die Effizienzsteigerungen sind beachtlich, doch verursacht die zunehmende Automatisierung auch zusätzliche Gefahren für Menschen, die in solchen Umgebungen arbeiten:
Aktualisierte Sicherheitsnormen EN 528, EN 619, EN ISO 11161
Kein Wunder also, dass die „Spielregeln“ aktualisiert und ergänzt werden müssen. Man findet sie vor allem in drei Sicherheitsnormen: EN 528 für Regalbediengeräte (neue Fassung veröffentlicht im März 2021) und EN 619 für Stetigförderer für Stückgut (Neufassung kurz vor der Veröffentlichung) und EN ISO 11161 für integrierte Fertigungssysteme (in Überarbeitung befindlich).
Diese Normen behandeln in unterschiedlichem Detaillierungsgrad drei entscheidende Sicherheitsaspekte in größeren automatisierten Anlagen:
EN 528
Die drei Normen beschäftigen sich auch mit der Sicherheit an den Schnittstellen zwischen automatischen Anlagenteilen und Bereichen, in denen Personen arbeiten. EN 528 fordert dazu eine Art „Schlüsseltransfersystem“. Zugangstüren zu Gefahrenbereichen dürfen nur mit einem Schlüssel geöffnet werden können. Der Schlüssel wird beim Betreten des Gefahrenbereichs abgezogen und dient dann dazu, das Regalbediengerät im Innern von Automatik in Handbetrieb umzuschalten. So soll sichergestellt werden, dass die Automatikfunktion nicht von außen aktiviert werden kann, solange jemand im Gefahrenbereich arbeitet. Zwischen aktiven und abgeschalteten Bereichen müssen trennende Schutzeinrichtungen die „Migration“ von Personen verhindern.
EN ISO 11161
Prinzipiell ähnliche Schutzmechanismen beschreibt EN ISO 11161. Auch hier werden Schlüsseltransfersysteme empfohlen, die dazu dienen sollen, Personen zu schützen, die in einen Gefahrenbereich eintreten. Die Neufassung der Norm beschäftigt sich dabei ausführlich mit der in größeren Anlagen nicht seltenen Problematik des aus dem Sichtfeld „verschwundenen Personals“. Wenn Anlagen unübersichtlich oder sehr groß sind, könnte ein Bediener außerhalb der Anlage diese versehentlich wieder in Gang setzen, obwohl sich darin noch eine Person befindet.
Das lässt sich am besten mit kodierten Zugangssystemen verhindern. Diese Weiterentwicklung des klassischen Schlüsseltransfersystems beruht auf Zugangsmedien wie RFID-Chips und Karten, die vor dem Zutritt zum Öffnen einer Schutztür vor ein Lesegerät gehalten werden müssen. Die Anlage lässt sich erst wieder in Gang setzen, nachdem das Zugangsmedium wieder vor ein Lesegerät außerhalb der Anlage gehalten und eingelesen wird (als „proactive inhibiting system“ = proaktive Anlaufverhinderung bezeichnet). Solche Log-in/Log-out-Systeme ermöglichen es, an einem Ende einer Anlage einzutreten und sie an einem anderen Ort wieder zu verlassen. Mehrere Personen können im Gefahrenbereich arbeiten und den Wiederanlauf verhindern. Die Zugangsmedien lassen sich personalisieren und der Zugang von Personen so überwachen. Auch kann das Zugangsmedium so konfiguriert werden, dass es einer bestimmten Person die Anwahl manueller Betriebsarten und Operationen ermöglicht, anderen aber verbietet.
Bisher kamen Schlüsseltransfersysteme im Anlagenbau in Deutschland nicht sehr häufig zum Einsatz. Meist verlässt man sich hierzulande auch in größeren Anlagen auf eher konventionelle Methoden:
Solche Methoden sind jedoch „willensabhängig“ und können daher durch Nachlässigkeit des Personals unwirksam werden. Außerdem zwingen sie die Mitarbeiter:innen immer an der Stelle die Anlage zu verlassen, an der sie auch betreten wurde.
EN 619
EN 619, die Norm für alle Arten von Stückgut-Fördereinrichtungen, geht noch einen Schritt weiter. Sie führt ein „Bereichskonzept“ ein, wonach Förderanlagen wie folgt unterteilt werden müssen:
Die Norm legt dann ausführlich die Sicherheit an Übergabe- und Übertrittsstellen zu den Gefahrenbereichen fest, sowohl für Personen als auch für transportierte Güter. Die Größe der Übergabeöffnungen und der Schutzeinrichtungen, die den Zugang zu Gefahrenbereichen einschränken, werden neu festgelegt und eindeutiger spezifiziert als bisher. EN 619 schließt auch Sicherheitsanforderungen an neue Förder- und Lagersysteme ein, zum Beispiel für Transferwagen, Vertikalumsetzer, Behälterfördersysteme und zielkodierte Fördereinheiten (destination coded vehicles).
Alle drei Normen betonen die Bedeutung einer zeitigen, systematischen und hinreichend detaillierten Risikobeurteilung. Das gleiche gilt für die systematische Verifizierung und Validierung von getroffenen Schutzmaßnahmen.
Axelent ist kompetenter Partner für Schutzzaunsysteme im Maschinen- und Anlagenbau, bei Roboteranwendungen sowie für die Bereiche Lager, Logistik und Industrie. Axelent bietet daher viele der in solchen Umgebungen erforderlichen Schutzeinrichtungen: Schutzzäune und -türen, Ein-/Ausgabe-Schnittstellen, Geländer für Laufstege und Arbeitsbühnen sowie geeignete Verriegelungssysteme. EN 528 verlangt beispielsweise, dass Zugangstüren sich nur nach außen öffnen lassen dürfen. Außerdem darf es nur mit einem Schlüssel möglich sein, Zugangstüren von außen zu öffnen, während es von innen jederzeit ohne Schlüssel möglich sein muss (Fluchtentriegelung). Diese Anforderungen erfüllt bei entsprechender Einbindung in das Steuerungssystem zum Beispiel das neue Schloss X-It Elektrik mit Fluchtentriegelung von Axelent.