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Bei vielen Produkten gibt es inzwischen nachhaltige Varianten. Meist wird angenommen, dass diese gegenüber den Standardvarianten einige Nachteile mit sich bringen. Forscher untersuchten dies nun am konkreten Beispiel von Hartmetall.
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Bei vielen Produkten gibt es inzwischen nachhaltige Varianten. Meist wird angenommen, dass diese gegenüber den Standardvarianten einige Nachteile mit sich bringen. Forscher untersuchten dies nun am konkreten Beispiel von Hartmetall.

ReThink Industry

Bedeutet nachhaltig auch nachteilig?

Ein Forschungsunternehmen verglich eine Upgrade-Hartmetallsorte mit Sekundärrohstoffanteil mit einer Premiumhartmetallsorte. Kann die nachhaltige Sorte mithalten?

Das österreichische Forschungsunternehmen Materials Center Leoben Forschung GmbH untersuchte das Materialverhalten sowie das Gefüge der Upgrade-Hartmetallsorte CT-GS20Y und der Premiumhartmetallsorte CTS20D von Ceratizit. Die Hartmetall-Produktlinie von Ceratizit zeichnet der überlegte Energieeinsatz, die Ressourceneffizienz und ein sparsamer Verbrauch von Rohstoffen sowie die Wiedergewinnung von Sekundärrohstoffen in Form von recycelten Zerspanungswerkzeugen aus Hartmetall aus. Dies alles reduziert den CO2-Fußabdrucks. Die neue Upgrade-Sorte CT-GS20Y ist ebenso wie die Premiumhartmetallsorte CTS20D ein 10 % Binder-Submikron-Hartmetall mit einer eingestellten Wolframkarbidkorngröße von 0,5 µm bis 0,8 µm, welche bevorzugt für Bohr- und Fräswerkzeuge aus Vollhartmetall angewendet werden. Doch im Gegensatz zu der Standardsorte besteht die Upgrade-Sorte zu 99 % aus Sekundärrohstoffen.

Umfassende Zerspanungsversuche

Um die Qualität zu testen, unterzog Ceratizit ihre neue Hartmetallsorte eingehenden Zerspanungsversuchen. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Hartmetallsorte CT-GS20Y der etablierten Premiumhartmetallsorte CTS20D in Hinblick auf erzielbare Werkstückoberflächengüte und der Widerstandsfähigkeit gegen Werkzeugbruch um nichts nachsteht. In einem nächsten Schritt sollten zudem die Verformungs- und Kriecheigenschaften unter extremen thermischen und mechanischen Lasten untersucht werden.

Untersuchung unter dem Rasterelektronenmikroskop

Im Zuge eines gemeinsamen Forschungsprojekts untersuchte das Forschungsunternehmen Materials Center Leoben Forschung GmbH (MCL) die mechanischen Eigenschaften, das Belastungs- und Schädigungsverhalten von den Hartmetallsorten CT-GS20Y und CTS20D. Um das Gefüge zu beurteilen, wurde am MCL hochauflösende Rasterelektronenmikroskopie (REM) eingesetzt. Das REM bildet die Probenoberfläche durch Abtasten mit einem gebündelten Elektronenstrahl ab. Dies ermöglichte, die Verteilung der Wolframkarbide in der Kobaltmatrix zu untersuchen. Abbildung 1 zeigt die Gefügeaufnahmen von CT-GS20Y und CTS20D. Trotz eines hohen Sekundärrohstoffanteils in der Sorte CT-GS20Y weisen beide Hartmetallsorten dieselbe Gefügestruktur auf. Zusätzlich wurde die Form der Wolframkarbide begutachtet, die keinerlei Unterschied zwischen den Hartmetallsorten erkennen ließ.

Korngrößenverteilung

Zusätzlich wurden Elektronenrückstreubeugungsuntersuchungen (EBSD) durchgeführt, um kristallografische Information zu extrahieren: EBSD ermöglicht die Unterscheidung von kristallographischen Phasen und  die Charaktisierung der Korngrößen, ‑orientierung und -grenzen. Abbildung 2a) und 2b) zeigen Kristallorientierungsbilder der Wolframkarbidkörner der Upgrade-Sorte CT-GS20Y und der Premiumhartmetallsorte CTS20D. Die Wolframkarbid-Korngrößenverteilung beider Hartmetallsorten auf Basis der EBSD Aufnahmen ist in Abbildung 2c) dargestellt. Die Karbidkorngrößenverteilung zeigt eine Streuung vom Nanometerbereich bis hinauf zu vereinzelten 2,0 µm großen Körnern. In beiden EBSD Aufnahmen wurden ungefähr 5.000 Karbide erfasst, wobei der Großteil davon in der eingestellten Submikrongröße zwischen 0,5 µm und 0,8 µm vorliegen.

Ähnliches Verformungsverhalten

In der Zerspanung sind Hartmetalle hohen Belastungen und Temperaturen ausgesetzt. Je nach bearbeitetem Material, verwendetem Fertigungsverfahren und angewandten Prozessparametern werden Temperaturen zwischen 600 °C und 1.000 °C erreicht. Um das Materialverhalten während der Zerspanung zu verstehen, wurden am MCL Experimente unter monoton steigender und zyklischer Beanspruchung sowie Kriechversuche unter konstanter Last und erhöhter Temperatur durchgeführt. Um die Hartmetallsorten unter einachsiger Belastung sowie bei Temperaturen zwischen Raumtemperatur und 900 °C zu prüfen, kam eine servohydraulische Prüfmaschine mit Vakuumkammer zum Einsatz, Abbildung 3a). Längenänderung während dem Versuch wurden berührungslos mit einem hochpräzisen Laserextensometer gemessen, Abbildung 3b). Die Probe wurde dabei induktiv auf die gewünschte Temperatur gebracht und die Konstanz der Temperatur über die Messlänge wurde durch den Einsatz von Thermoelementen sichergestellt. Um ein Ausknicken unter Druckbelastung zu verhindern, haben die Proben eine Sanduhr-Geometrie. Abbildung 3c) zeigt eine glühende Probe bei 800 °C. Die Spannungs-Dehnungskurven, aufgenommen unter monoton steigender Druckbelastung, zeigen, dass mit einem Temperaturanstieg von Raumtemperatur bis zu 900 °C die Steifigkeit der beiden Hartmetallsorten signifikant abnimmt, siehe Abbildung 3d). 

Im Weiteren ist ersichtlich, dass beide Sorten bei den jeweiligen Temperaturen ein ähnliches Verformungsverhalten aufweisen. Zyklische Versuche unter reiner Druck-, symmetrischer Zug- und Druckbeanspruchung sowie auch Kriechversuche zeigten dieselbe Tendenz zu gleichem Verformungsverhalten.

Nachteilig? Von wegen!

Das Forschungsunternehmen MCL konnte durch Untersuchungen der Gefügestruktur und des Verformungsverhaltens nachweisen, dass die Upgrade-Sorte CT-GS20Y bei gleichen Beanspruchungen und unter erhöhten Temperaturen die gleichen Eigenschaften aufweist wie die Premiumhartmetallsorte CTS20D. Damit konnte bestätigt werden, dass die beiden Hartmetallsorten hinsichtlich diesen mechanischen Beanspruchungen gleichwertig sind und dass hochwertige Sekundärrohstoffe unter extremer mechanischer und thermischer Belastung keinen messbaren Einfluss auf die mechanischen und Kriecheigenschaften haben. Die Kunden von Ceratizit profitieren dadurch von einer höheren Preisstabilität und Versorgungssicherheit, da für die Herstellung von CT-GS20Y zu 99 % hochwertige Sekundärrohstoffe verwendet werden. (red)

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