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Pepperl+Fuchs hat die IMU-F99-Serie entwickelt. Sie kann auf Bestandsmaschinen einfach nachgerüstet werden.
Foto: Pepperl+Fuchs
Pepperl+Fuchs hat die IMU-F99-Serie entwickelt. Sie kann auf Bestandsmaschinen einfach nachgerüstet werden.

Inhaltsverzeichnis

Für mobile Anwendungen

Diese Sensoren brauchen Action

Um auch in dynamischen Anwendungen Neigungswerte präzise zu bestimmen, hat Pepperl+Fuchs ein inertiales Messsystem für mobile Maschinen entwickelt.

Autor: Markus Egerer, Pepperl + Fuchs

Während herkömmliche Neigungssensoren im Ruhezustand äußerst genaue Werte liefern, können sie durch Erschütterungen ihre Genauigkeit verlieren. Das ist problematisch, weil Winkelwerte oft während einer Fahrbewegung benötigt werden. Beispielsweise bei Radladerschaufeln oder den Auslegern von Landmaschinen. Um dieses Problem zu lösen, hat Pepperl+Fuchs die neue Geräteserie IMU F99 für die Neigungsmessung in mobilen Maschinen entwickelt. In dieser Serie ist ein Drehratensensor integriert, der die Auswirkungen der störenden Beschleunigung kompensiert und auch während der Fahrt stabile Neigungswerte liefert. Es kann sogar eine Kompensationsstufe mit einem einfachen Regler an die spezifische Bewegungsart jeder Anwendung angepasst werden.

Die Grenzen konventioneller Neigungssensoren

Ein herkömmlicher, statischer Neigungssensor ist vergleichbar zu einer Wasserwaage. Er ermittelt den Neigungswinkel eines Objekts im Verhältnis zum Erdmittelpunkt. Dieser Winkel ist in vielen mobilen Maschinen wichtig. Die Lage der gesamten Maschine ist für den Fahrer eine wichtige Information. Dies ist besonders relevant, wenn Bagger oder Traktoren an Hanglagen arbeiten. Darüber hinaus ist der Neigungswert nicht nur für das gesamte Fahrzeug ausschlaggebend, sondern auch für Anbaugeräte, Ausleger oder bewegliche Ladeflächen.

Herkömmliche Neigungssensoren weisen in bestimmten Situationen jedoch Grenzen auf. Ein einfaches Beispiel: Wir möchten auf einer Baustelle mit einer Planierraupe einen gleichmäßigen Höhenunterschied erstellen. Dieser Abschnitt soll mit einem konstanten Gefälle von 5° planiert werden. In der Regel müssen hier die geschulten Augen und die Erfahrung des Maschinenführers herangezogen werden. Nachdem die Planierraupe eine Durchfahrt gemacht hat, erfolgt eine Nachmessung und eventuelle Korrekturen werden in weiteren Durchfahrten vorgenommen, bis der Winkel ausreichend genau ins Erdreich planiert wurde.

Eine dynamische Neigungsmessung am Raupenschild kann jedoch automatisch die 5° einstellen, wodurch der Arbeitsaufwand auf einen Bruchteil der Zeit reduziert wird. Allerdings genügt herkömmliche Neigungssensorik alleine nicht in solchen Situationen. Um solche Winkelwerte zu bestimmen, braucht es kapazitive MEMS-Sensoren (Micro-Electro-Mechanical-System). Die Position ihrer Kondensatorplatten verändert sich durch Abweichungen von der Horizontalen. Aus der resultierenden Änderung der Kapazität können in statischen Situationen äußerst präzise Winkelwerte abgeleitet werden.

In dynamischen Situationen trifft das jedoch nicht mehr zu: Jede Beschleunigung wird von den Sensoren ebenfalls als Positionsänderung erfasst und als Änderung des Winkelwerts ausgegeben – selbst wenn sich die tatsächliche Neigung nicht verändert hat. Schnelles Beschleunigen oder Abbremsen, Stöße oder Vibrationen beim Überfahren von Bodenunebenheiten, Fliehkräfte bei Richtungsänderungen oder bei schnellen Kurvenfahrten führen daher zu Messfehlern. Nach einer solchen Bewegung pendelt sich der Sensor im Ruhezustand ein und gibt dann den korrekten Wert aus.

Zuverlässig auch in dynamischen Anwendungen

Ein reiner MEMS-Neigungssensor allein kann keine dynamische Neigungsmessung während der Bewegung einer Maschine durchführen, obwohl dies in vielen Fällen, beispielsweise bei Planierraupen, äußerst nützlich sein könnte. Pepperl+Fuchs hat die IMU-F99-Serie entwickelt, die einen zuverlässigen Neigungswert auch in dynamischen Anwendungen liefern soll. IMU steht für „Inertial Measuring Unit" oder inertiales Messsystem. Diese Vorrichtung enthält nicht nur einen MEMS-Neigungssensor, sondern auch einen Drehratensensor bzw. Gyroskop. Das Gyroskop verwendet ebenfalls die Kapazitätsänderung zwischen beweglichen Kondensatorplatten als Messprinzip und liefert Messungen der Lageänderung in Grad pro Sekunde. Beide integrierten Sensorelemente führen Messungen in drei Achsen durch, um Daten für die x-, y- und z-Richtung bereitzustellen. Durch die Software kann der Einfluss der Maschinenbeschleunigung auf den Neigungswinkelwert effektiv kompensiert werden.

Der von Pepperl+Fuchs speziell für diese Gerätereihe entwickelte Algorithmus ermöglicht es, externe Beschleunigungseffekte auszugleichen und präzise Neigungswerte während der Fahrt oder Bewegung der Maschine zu liefern. Dies gilt unabhängig davon, ob die Maschine gleichmäßig bewegt, beschleunigt oder abgebremst wird. Da die gefilterten Messwerte ohne Verzögerung verfügbar sind, können sie die Effizienz des Maschineneinsatzes steigern. Dies ermöglicht die präzise Steuerung von Auslegern, Baggerschaufeln oder Planierschildern während der Maschinenbewegung. 

Darüber hinaus eröffnet dies völlig neue Möglichkeiten für Arbeitsabläufe. Die gewonnenen Daten lassen sich auch in die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen für Baumaschinen und Landmaschinen integrieren. In unebenem Gelände kann beispielsweise der Lenkwinkeleinschlag automatisch begrenzt werden, um das Umkippen der Maschine zu verhindern. Bei einem Kran wird, so Pepperl+Fuchs, das unkontrollierte Schwingen des Kranhakens unterdrückt, wenn der Sensor direkt am Haken angebracht ist. Die IMU F99 erfasst die Position des Hakens im Raum, sodass die Kransteuerung automatisch korrigieren kann, ohne dass der Kranführer dies manuell tun muss.

Beschleunigungskompensation anpassbar

Die IMU-F99-Sensoren gleichen externe Beschleunigungen aus und ihre Genauigkeit kann bis zu 0,5 ° oder besser erreichen – mit einer Winkelauflösung von 0,01 °. Die Daten werden über die CAN-Bus-Schnittstelle übertragen. Es stehen mehrere Messgrößen zur Verfügung und diese können flexibel an die spezifischen Anforderungen der Anwendung angepasst werden. Die Steuerung kann sowohl die Rohdaten der einzelnen Sensorelemente als auch die bereits kompensierten Winkelwerte verwenden. Die verfügbaren Rohdaten umfassen Beschleunigung, Drehrate und Rotationsbeschleunigung. Fusionierte Daten wie lineare Beschleunigung, Gravitationsvektor, Eulerwinkel und Quaternionen werden in Echtzeit berechnet und stehen sofort zur Verfügung.

Das IMU F99 ist das einzige Gerät seiner Art, das über einen praktischen Schieberegler verfügt. Dieser ermöglicht die Anpassung des Kompensationsbereichs auf einer Skala von 0 bis 7, um die optimale Stärke der Beschleunigungskompensation über den CAN-Bus einzustellen. Bei der Einstellung 0 wird beispielsweise eine effektive Kompensation für kurze, starke Stöße wie das Überfahren von Schlaglöchern erzielt. Bei der Einstellung 7 gleicht das Gerät lineare Beschleunigungsfahrten besonders langandauernd aus. In der Praxis kann die passende Einstellung durch einen Testlauf in der tatsächlichen Anwendung schnell ermittelt werden.

Zertifizierung gemäß der Schutzart IP68/69

Neben der Präzision und Echtzeitmessung bietet die Integration der Messgrößen Neigung, Drehrate und Beschleunigung klare wirtschaftliche Vorteile: Ein einziges Inertialmesssystem IMU F99 kann eine Aufgabe übernehmen, die zuvor den Einsatz mehrerer Geräte erforderte. Dies reduziert den Aufwand sowohl bei der Beschaffung als auch bei der Integration der Sensoren erheblich. Darüber hinaus ist die Installation äußerst unkompliziert, da das Gerät unabhängig von seiner Lage und Ausrichtung stets präzise Daten liefert. Die Nachrüstung auf bestehenden Maschinen ist einfach, da für die Installation der IMU F99 keine mechanischen Veränderungen an den Auslegern erforderlich sind. Ein Re-Design von mechanischen Komponenten entfällt komplett.

Das Gerät wird an einem robusten Metallhalter befestigt, der eine einfache Montage ermöglicht und gleichzeitig robusten Schutz vor Stößen bietet. Bei einem Austausch des Sensors bleibt der Halter an Ort und Stelle, lediglich das Sensormodul wird ersetzt. Hierbei sind weder eine Neuausrichtung noch eine Kalibrierung erforderlich. Die Geräte sind gemäß der Schutzart IP68/69 zertifiziert und können Temperaturen von -40 °C bis +85 °C standhalten.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Sensor während des laufenden Maschinenbetriebs als Waage genutzt werden kann. Beispielsweise beeinflusst das Aufnehmen einer Ladung die Neigung des Auslegers bei Radladern oder Baggern. Basierend auf dem Neigungswert kann nun das Gewicht ermittelt werden. Diese Wiegefunktion steht durch die Beschleunigungskompensation auch während der Fahrt zur Verfügung, wodurch zeitraubende Wiege-Stoppvorgänge vermieden werden können. Dies führt zu erheblichen Effizienzsteigerungen beim Umschlag von Waren und der Nutzung der Maschinen.

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