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Foto: Dr. Bernhard D. Valnion

Wirtschaftsmeldungen

Wie aus Use Cases Business Cases werden

Digitalisierung im Fokus: China setzt auf Innovationen. Dabei sollen aus Use Cases Business Cases entstehen. Der Plan zur Umsetzung steht dafür schon.

Um aus Use Cases Business Cases zu kreieren, kommt es auf die Digitalisierung an. Dazu müssen alle lernen, denn was zählt, ist die Geschwindigkeit. Dies hat China verstanden.

Mit einem Fünfjahresplan zur Innovationswirtschaft

Im Reich der Mitte pflegt man höhere Ziele. Etwa nachzulesen im aktuellen Fünfjahresplan, der bis zum kommenden Jahr reicht: Ganz oben auf der Agenda steht dabei der Umbau der chinesischen Volkswirtschaft von einer investitions- und exportorientierten zu einer innovationsgetriebenen. In zehn Leitbranchen wie Elektromobilität, Informations- und Kommunikationstechnologien, Werkzeugmaschinenbau, Automatisierung sowie Luft- und Raumfahrttechnik will man sich zum globalen Technologieführer aufschwingen.

Das, was nach Industrie 4.0 kommen wird

Dass es die Chinesen damit ernst meinen, belegen die immensen Investitionen, etwa Firmenzukäufe, wie das prominente, allerdings wenig rühmliche Beispiel Kuka beweist. Doch auch für organisches Technologiewachstum, sprich Digitalisierung, werden erhebliche Mittel bereitgestellt. Dies machte die Veranstaltung „Manufacturing in the Age of Experience“ mit Nachdruck deutlich, die in der größten Stadt der Welt veranstaltet wurde. Der Organisator dieses Events, Dassault Systèmes SE (DS), kann sich den Titel „PLM Market Leader in China“ ans Revers heften, was die Wahl des Veranstaltungsorts erklärt. Hierzulande eher als „3D Experience Company“ und damit im Bereich der Produktentstehung verortet, reüssiert DS in China insbesondere mit seinem Delmia-Portfolio. Auf den Punkt gebracht steht Delmia für die Fertigung von morgen, oder wie es Guillaume Vendroux, CEO der DS-Marke, pointiert als Intro für den Event formulierte: für eine „Renaissance der Industrie“, also für das, was nach Industrie 4.0 kommen wird. Gerade diese Renaissance erstrahlt im Glanz von Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Übrigens aus gutem Grund: „Für uns Menschen gibt es keinen Planet B“, erinnerte der CEO die gut 150 Veranstaltungsteilnehmer.

Foto: Dassault Systèmes
Guillaume Vendroux, CEO der DS-Marke, auf der Veranstaltung „Manufacturing in the Age of Experience“.

Gelingt China der Coup, die weltweite Technologieführerschaft zu erringen?

Den Vorträgen in der eigens am Huangpu-Fluss angemieteten Event-Location zufolge durchaus. Ke Wang vom DS-Partner Accenture machte sich in der ersten Keynote Gedanken darüber, wie man es im Fertigungsumfeld zu einem „Smart“ bringen könnte. Wang präsentierte Ergebnisse einer umfangreichen Studie zum Stand der Digitalisierung in China. So zeigten sich 73 % von insgesamt 1.815 befragten Firmen in zehn chinesischen Städten begeistert von den Konzepten des Smart Manufacturing, allerdings nur 9 % davon haben auch wirklich in die Digitalisierung investiert, so Wang. Diese Outperformer in Sachen Digitalisierung – Accenture nennt sie „Rotation Champions“– haben ihren Umsatz um 14 % steigern können, während im gleichen Zeitraum die restlichen 91 % an „Peers“ diesen nur um etwa 2 % erhöhten. Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab bei der Zunahme der operativen Marge: 13 % zu 5 %. Die Rotation Champions steigerten ihre Energieeffizient um 17 %, die Produktionseffizient gar um 34 %, während die Betriebskosten um 22 % und der Ausschuss um 29 % sanken. Mit anderen Worten, wer sich mit Leib und Seele der Digitalisierung verschreibt, der sucht mit der Lupe nach jedem noch so gering anmutenden Optimierungspotenzial.

Warum Digitale Zwillinge in der Fertigung eine wichtige Rolle spielen

Mike Larsson von ABB enthüllte in seinem Vortrag den Erlkönig „Manufacturing Solutions in the Age of Experience.“ Bei der Fabrik von Morgen wird, wie auch schon Wang es ansprach, jeder Prozess getunt, stets die Vereinfachung, Energieeffizient und Flexibilität im Auge behaltend. Dazu, so Larsson weiter, sei der digitale Zwilling der Anlage notwendig, der eine Entscheidungsfindung auf Basis von Echtzeit-Daten erlaube. ABB ist Kunde und Partner von Dassault Systèmes: „DS ist Branchenführer in Sachen Digitalisierung und digitaler Zwilling. Dies kombinieren wir mit der Expertise von ABB im Bereich der Automatisierung“, präsentierte der Group Vice President und Head of Robot Systems eine einleuchtende Logik.

Use Cases sind die Grundlage für eine erfolgreiche Digitalisierung

Sie zeigen auf, wo das Potenzial liegen könnte. Bei Use Cases geht es um Enabler-Technologien, nicht aber um eine emotionsfreie Kosten-Nutzen-Betrachtung wie bei Business Cases. Albert Pozo von Sats stellte einen Use Case vor. Der in Asien führende Airliner-Versorger mit Mahlzeiten hat DS-Lösungen auserkoren, um die Prozesse auf dem eigenen Shopfloor zu optimieren und den Abfall von Lebensmitteln zu reduzieren. Warum auch nicht die (industrielle) Herstellung von Essen mit dem messen, was von Fertigungsprozessen sonst so gefordert wird? Auch wenn, wie Pozo zu verstehen gab, die Küchenchefs (eigentlich: „Fertigungsleiter“) da ihre eigenen Vorstellungen haben. Um die Digitalisierung kommen auch Großküchen

Sats stellt im Jahr 170 Mio. Mahlzeiten an 35 Standorten her. Einer Vertragsunterzeichnung im Juli diesen Jahres zufolge will der Essensproduzent die 3D Experience-Plattform in der Cloud nutzen, um die digitale Küche zu kreieren, die virtuelle und physische Prozesse in der Lebensmittelprodukt kombiniert, um über Big-Data-Analysen eine bessere Ressourcenplanung möglich zu machen. Das Unternehmen will mit seiner Lesart des digitalen Zwillings auch den Verbrauch von Inhaltsstoffen in seiner Großchargenproduktion besser vorherzusagen, um die Verschwendung von Zutaten zu reduzieren. Virtual Kitchen basiert auf Delmia-Tools und befindet sich in der Pilotphase am Produktionsstandort in der Nähe des Flughafens von Singapur.

Was verbirgt sich hinter Delmia?

Delima steht für „Digital Enterprise Lean Manufacturing Interactive Application“. Die Delmia-Story begann Ende der 1990er Jahre mit der Übernahme von Deneb Robotics, EAI-Delta, und Safework durch DS. Es ging zunächst um die Materialflusssimulation auf Basis von 3D-Daten. Ein weiterer wichtiger Meilenstein war der Zukauf des US-amerikanischen Start-ups Apriso 2013. Damit war die Vision verbunden, die 3D-Modelle dichter an das Produktionsleitsystem im Sinne von MES zu führen. Apriso war zuvor ein bevorzugter MES-Anbieter von SAP und ging so eigene Weg. Vendroux sprach in diesem Zusammenhang von der Strategie „One Delmia and Digital Continuity“. Die organisatorische als auch technologische Integration von Apriso in Delmia zog sich bis 2016 hin. Seit dem wird jede erzeugte und auch konsumierte MES-Information mit einem auf Stand gehaltenen (As-built-)3D-Modell verlinkt. „Dies war der Beginn einer Datenmodell-Integration mit dem Ziel, Out-of-the-Box-Integrationen für die Kunden anzubieten“, erinnerte sich Vendroux in besagtem Hintergrundgespräch.

Eine wichtige Komponente fehlte der Applikation noch

Im Zuge dessen hatte DS erkannt, dass noch ein wichtiges Teil im Delmia-Angebot fehlte, ein Tool für die Produktionsterminierung. Daher kam die Gelegenheit Ende 2016 gerade recht, den französischen Anbieter Ortems übernehmen zu können. Seit dem 2018 X-Release von Delmia wird nun die regelbasierte („heuristische“) Fertigungsplanung angeboten.

Damit ist die Geschichte über die Genese von Delmia aber nicht zu Ende, denn Vendroux ließ noch einen Namen fallen: Quintiq. 2013 landeten fünf hochbegabte niederländische Mathematiker bei Dassault Systèmes. Ihr Optmierungsansatz ist herausragend im Sinne der mathematischen Performance und auf der Kundenliste von Quintiq standen ganz andere Namen als jene, die auf der von DS zu finden waren: Es sind renommierte Player aus der Logistikbranche oder dem Workforce Management wie Fluggesellschaften. Quintiq spricht also Märkte an, die sehr an agilen Lösungen für den operativen Betrieb interessiert sind. „Im vergangenen Dezember schließlich wurde entschieden, dass Quintiq der Delmia-Marke angehören wird. Mit diesem Schritt wird Delmia zu einem führenden Anbieter von End-to-End-Lösungen im Bereich der Supply Chain mit Lösungen, die weit über die Fertigung hinausreichen und auch das Segment der Operations gezielt ansprechen“, sagte Vendroux mit Nachdruck. Erste integrierte Lösungen in dieser Hinsicht stellte der CEO mit dem Delmia Release 2020 X in Aussicht.

Industrielle Renaissance in China: Business Cases im Fokus

An welchen Indikatoren lässt sich die digitale Reife von Firmen absolut gesehen festmachen, nicht nur relativ? „In China beginnt man, sich intensiv mit Optimierungsalogrithmen auseinander zu setzen, ebenso, wie sie Quintiq anbietet. Dort sind die Lieferketten sehr komplex und auch die bedienten Märkte sind sehr unterschiedlich“, motivierte Vendroux diesen Schritt. Auffällig sei, so der Manager weiter, dass immer mehr chinesische Firmen auf sehr fortschrittliche Art und Weise Delmia-Tools einsetzten. Getrieben sind sie dabei von der Notwendigkeit, die Fertigungsqualität zu erhöhen. Es sei zu vermuten, dass China in drei bis fünf Jahren – das sind maximal 260 Wochen – das Niveau von Europa erreicht sein würde.

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