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Die CSRD ist Teil des großen Plans, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften und baut auf dem bestehenden Rahmen der Nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) auf.
Foto: Miriam Steinitz / Canva
Die CSRD ist Teil des großen Plans, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften und baut auf dem bestehenden Rahmen der Nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) auf.

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Die CSRD: Ein Wendepunkt in der Unternehmensverantwortung

Ab 1. Januar 2025 müssen große und börsennotierte Unternehmen erstmals über ihre Nachhaltigkeitsbemühungen Bericht erstatten. Inwieweit sind die CSRD schon Teil der Unternehmens-DNA?

Von Miriam Steinitz

Papiertiger, Richtlinien-Dschungel oder Reporting-Problem: Seit dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission im April 2022 haftet der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) nicht selten der Ruf unübersichtlicher Bürokratie an. Klarheit gibt es seit dem 31. Juli 2023 – zumindest über das erste Set der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), das die EU-Kommission offiziell verabschiedet hat. Als integrale Bestandteile der CSRD legen die ESRS fest, wie und über welche Nachhaltigkeitsthemen ein Unternehmen künftig Bericht erstatten muss. Doch von vorne:

Was sind die CSRD?

Die zunehmende Dringlichkeit, den globalen Klimawandel einzudämmen und soziale Gerechtigkeit zu fördern, hat zu einer verstärkten Fokussierung auf nachhaltiges Wirtschaften geführt. In diesem Kontext hat die Europäische Union einen bedeutenden Schritt unternommen, um Unternehmen zu mehr Transparenz und Verantwortlichkeit zu verpflichten – die Corporate Sustainability Reporting Directive.

Die CSRD ist Teil des großen Plans, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften und baut auf dem bestehenden Rahmen der Nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) auf. Demnach müssen Unternehmen nicht nur finanzielle Informationen offenlegen, sondern Investoren und anderen Stakeholdern ein umfassendes Bild über ihren Beitrag zu den Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bieten. Der Anwendungsbereich der NFRD wird dabei entschieden erweitert.

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Zeitstrahl der CSRD
Foto: Miriam Steinitz / Canva
Zeitstrahl der CSRD

Wer ist ab wann berichtspflichtig?

Mit Einführung der CSRD werden laut des PwC EU-weit statt 11.600 Unternehmen rund 49.000 Unternehmen von der Berichtspflicht betroffen sein, wobei die Pflicht gestaffelt eingeführt wird. Ab 2025 müssen zunächst Unternehmen, die bereits nach NFRD berichtspflichtig sind, Nachhaltigkeitsinformationen publizieren. Ab 2026 sind nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen inkludiert, wenn sie mindestens zwei der drei Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. EUR, einen Nettoumsatzerlös von mehr als 40 Mio. EUR oder eine Belegschaft von über 250 Personen. An der Börse gelistete Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitenden sind ab 2027 berichtspflichtig und bestimmte Nicht-EU-Unternehmen fallen 2029 unter die CSRD. Die Berichtspflicht gilt dabei jeweils für das vorherige Geschäftsjahr, also erstmals für das Jahr 2024.

Mit Einführung der CSRD wird aber nicht nur der Anwendungsbereich der NFRD erheblich ausgeweitet. Auch inhaltlich und formal kommen zentrale Neuerungen auf Unternehmen zu, die in den ESRS geregelt sind. Von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) im Auftrag der EU-Kommission entwickelt, geben sie ein standardisiertes Set vor, das die CSRD strukturieren soll und außerdem die zentrale Frage beantwortet: Wer muss eigentlich über was berichten?

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Die Zeitleiste zeigt, ab welchem Zeitpunkt Unternehmen berichtspflichtig sind. Der Bericht ist jeweils im darauffolgenden Jahr fällig.
Foto: Miriam Steinitz / Canva
Die Zeitleiste zeigt, ab welchem Zeitpunkt Unternehmen berichtspflichtig sind. Der Bericht ist jeweils im darauffolgenden Jahr fällig.

ESRS 1: Die Frage nach dem Aufbau

Im Anhang C der Delegierten Verordnung sind zwölf ESRS gelistet. Diese unterteilen sich in zwei allgemeine Standards (ESRS 1 und ESRS 2) und zehn themenbezogene Standards, auch ESG-Standards genannt. Um am Ende einen Bericht mit rotem Faden zu erhalten, ist ein Blick in den ESRS 1 unabdingbar. Er beschreibt den grundlegenden Aufbau der Berichterstattung und gibt Konventionen zur Ausarbeitung vor. So wird im D-ESRS 1.116 die Frage nach der Struktur des Berichts beantwortet. Zunächst müssen allgemeine Informationen folgen, an die sich Informationen über Umwelt, Soziales und schließlich Governance, also die Unternehmensführung reihen. Neben dem grundlegenden Aufbau formuliert der ESRS 1 außerdem vier Berichtsbereiche, auf die die restlichen Standards Bezug nehmen müssen: Governance, Strategie, Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen und Parameter und Ziele.

Auch die Frage nach dem Modus der Berichterstattung wird beantwortet: die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Sie gilt als Dreh- und Angelpunkt der Berichterstattung, denn mit ihr soll herausgefunden werden, welche der ESRS aus den 10 Themenstandards Umwelt – Soziales – Governance überhaupt für ein Unternehmen berichtspflichtig sind. Dabei spielen sowohl Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens auf die Umwelt eine Rolle als auch externe Faktoren auf die Rentabilität eines Unternehmens, zum Beispiel Verbote von fossilen Brennstoffen. Außerdem ist in den ESRS 1 die Form der Berichtserstattung geregelt. Zur besseren Prüfung und Vergleichbarkeit der Daten muss das Reporting einheitlich in ESEF (European Single Electronic Format) erfolgen.

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Im Anhang C der Delegierten Verordnung sind zwölf ESRS gelistet. Diese unterteilen sich in zwei allgemeine Standards (ESRS 1 und ESRS 2) und zehn themenbezogene Standards, auch ESG-Standards genannt.
Foto: Miriam Steinitz / Canva
Im Anhang C der Delegierten Verordnung sind zwölf ESRS gelistet. Diese unterteilen sich in zwei allgemeine Standards (ESRS 1 und ESRS 2) und zehn themenbezogene Standards, auch ESG-Standards genannt.

ESRS 2: Ein verpflichtender Standard für alle

Der ESRS 2 ist der einzige Standard, der für alle Unternehmen verpflichtend ist und in der Reporting-Struktur unter die „Allgemeinen Informationen“ fällt. Er enthält themenübergreifende Anforderungen, unter anderem zur Unternehmensführung und Strategie in Bezug auf wesentliche Nachhaltigkeitsthemen. Zudem muss hier beschrieben werden, wie nachhaltigkeitsbezogene Auswirkungen, Risiken und Chancen ermittelt werden und welche Parameter und Ziele als Basis für das Reporting dienen. In ESRS 2 zeichnen sich somit die für ein Unternehmen wesentlichen Themenbereiche der ESG-Standards in Bezug auf die in ESRS 1 genannten vier Berichtsbereiche ab.

Welche Themen sind für ein Unternehmen wesentlich?

So weit, so gut. Doch wie findet ein Unternehmen bei der Vielzahl an Einzelaspekten aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance eigentlich heraus, was für das eigene Reporting wesentlich ist? Die Gliederung der ESRS in sogenannte „Disclosure Requirements“, also jeweilige Offenlegungspflichten mit zugehörigen Datenpunkten stellt Unternehmen vor keine kleine Herausforderung. Um die Themenbereiche einzudämmen, kommt die im ESRS 1 beschriebene doppelte Wesentlichkeitsanalyse ins Spiel. Durch Umfragen und Interviews mit Stakeholdern oder Workshops mit Mitarbeitenden kann herausgefunden werden, hinsichtlich welcher Nachhaltigkeitsthemen Unternehmen auf die Umwelt einwirken (Inside-out-Perspektive) und welche externen Entwicklungen in Bezug auf Nachhaltigkeit eine Rolle für Unternehmen spielen (Outside-in-Perspektive). Auf Basis der erhobenen Daten kann eine Wesentlichkeits-Matrix erstellt werden, welche die zentralen Nachhaltigkeitsthemen eines Unternehmens herausarbeitet und damit eine Grundlage für das weitere Reporting schafft.

Wie gehen Unternehmen bisher mit der Pflicht um?

Der Frage, ob das CSRD-Reporting bereits in die Unternehmens-DNA implementiert ist, hat sich das PwC mit Blick auf mittelständische Unternehmen Anfang des letzten Jahres angenommen. Das Ergebnis ihrer Umfrage: Rund drei Viertel der Mittelständler fühlt sich von der auferlegten Berichterstattung überfordert. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und gestiegener Energie- und Rohstoffpreise stelle das Reporting eine zusätzliche Hürde dar. 60 % der Unternehmen würden zwar erkennen, dass sie sich der grünen Transformation stellen müssen, gehen diese jedoch noch nicht umfassend an. Licht am Ende des Reporting-Tunnels lässt jedoch eine weitere Umfrage vermuten, die das PwC vergangenen Oktober publiziert hat. Das Ergebnis: Die CSRD wirkt bereits. So erklärten 59 % der befragten Unternehmen, dass die CSRD schon heute operative Entscheidungen beeinflusse. Nur bei einem knappen Viertel der Unternehmen (24 %) sei dies nicht der Fall, gut jedes siebte Unternehmen (15 %) ist bei dieser Frage noch unsicher. Trotz der Komplexität des Reportings hätten 61 % der befragten Unternehmen sogar schon damit begonnen, relevante KPIs für die CSRD zu erheben. Auch wenn die Berichtspflicht für viele Unternehmen erst in den kommenden Jahren greifen wird, ist die CSRD schon vielerorts in der Unternehmens-DNA angekommen.

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