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Frühzeitiger Verschleiß: Warum Geräte kein Leben lang halten

Studierende der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik der HS Augsburg nahmen die konstruktive Entwicklung von Handrührgeräten unter die Lupe.

Prof. Dr.-Ing-Florian Hörmann und zahlreiche Studierende der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der Hochschule Augsburg beschäftigten sich intensiv mit dem Thema, warum bei Geräten frühzeitiger Verschleiß einsetzt. Dabei ging es um haushaltsnahe Konsumgüter im Allgemeinen und bei Handmixern im Speziellen. Im Rahmen des Projektes analysierten sie die konstruktiven Änderungen von Handrührgeräten über einen Zeitraum von etwa 50 Jahren, um konstruktive Rückschlüsse auf den Trend der sinkenden Erstnutzungsdauer zu ziehen.

Vorgehensweise: Analyse von Testgeräten der letzten 50 Jahre

In diesem Projekt analysierten die Studierenden 40 Testgeräte aus den Jahren 1968 bis 2017. Der Fokus der Betrachtung lag auf 26 Geräten eines Herstellers, der in diesem Segment zu den Marktführern gehört und einen sehr guten Ruf genießt. Weitere 14 Mixer anderer Hersteller dienten der Studiengruppe als Referenz. Die Testobjekte wurden in ihre Einzelteile demontiert, analysiert und aus konstruktiver Sicht bewertet. Durch die gewonnenen Erkenntnisse kann die zeitliche Entwicklung der Produkte aufgezeigt und die Entstehung von technischen Veränderungen verdeutlicht werden. Anhand von zwei markanten Änderungen wird deutlich, dass es konstruktiv bedingt im Laufe der letzten 50 Jahre zu einer erhöhten Anfälligkeit des Systems gekommen ist.

Ergebnis: Das sind die verschiedenen Schwachstellen der Geräte

1. Der Schalter

Bei den 26 Testgeräten der Firma, die Hauptgegenstand der Untersuchung des Projekts ist, identifizierte die Studiengruppe drei Arten von Schaltern: Bis zum Beginn der 1990er Jahre verbaute der Hersteller stabile Stufenschalter mit einer soliden Haptik und ohne ersichtliche konstruktive Schwachstellen. Bei späteren Testgeräten wurde Leistungselektronik auf Platinenbasis und zwei verschiedene Schaltelemente eingesetzt.

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Beginn der 1990er Jahre: Stabile Stufenschalter mit einer soliden Haptik und ohne ersichtliche konstruktive Schwachstellen (links). Spätere Testgeräte: Leistungselektronik auf Platinenbasis und zwei verschiedene Schaltelemente (mittig und rechts).

Bei der mittleren Schalterart werden Kunststoffwellen ohne fließenden Übergang des Durchmessers bemängelt, also mit einer Kerbwirkung. Diese Stellen sind hochanfällig für ein frühzeitiges Versagen, das leicht zu vermeiden wäre. Eines der Testgeräte der Untersuchung weist einen Defekt an genau dieser Stelle und darüber hinaus noch am Betätigungshebel auf.

Des Weiteren stellten die Studierenden beim Ausbau der Schalter fest, dass Teile der Leistungselektronik fragil gegenüber mechanischer Belastung sind. Im Fokus liegen Beanspruchungen, die bei einem Reparaturversuch auftreten. Nach Ansicht der Projektgruppe steht der Einsatz von Leistungselektronik daher einer Reparatur im Wege.

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Defekte Schalter, links Gerät aus dem Jahr 1996, rechts Gerät aus dem Jahr 2015.

2. Die Getriebeabdeckung

Das Ziel von Getriebeabdeckungen ist es, das Eindringen von Schmutz, wie beispielsweise Mehlstaub, in das Getriebe zu verhindern. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Schmierung der Zahnräder dauerhaft erhalten bleibt und folglich schädlicher Abrieb, der zum Ausfall des Getriebes führen kann, vermieden wird. Da bei laufenden Mixern die rotierenden Getriebeteile aneinander reiben, entsteht Wärme.

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Beispielhafte Auswirkungen: Verschmutzte Zahnräder bei Geräten verschiedener Hersteller auf Grund fehlender Abdeckungen

Eine mögliche Folge dessen ist das Verschmoren oder Verbrennen des Fremdmaterials auf den Kontaktstellen, was unter Geruchsbelästigung passiert. Dieser unhygienische Zustand kann die Kunden zur Entsorgung eines noch technisch funktionsfähigen Gerätes und zu einer Neuanschaffung bewegen. Bei der Untersuchung der Geräte des Herstellers, der Hauptgegenstand der Untersuchung ist, zeigt sich ab den 1980er Jahren ein klarer Trend zum Verzicht auf eine Getriebeabdeckung. Diese zeitliche Entwicklung deckt sich mit den Beobachtungen der Referenzgeräte anderer Hersteller.

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Ein Grund für frühzeitigen Verschleiß: Bei der Untersuchung der Geräte zeigt sich ab den 1980er Jahren ein klarer Trend zum Verzicht auf eine Getriebeabdeckung.

3. Designänderungen mit Eintritt in die 1980er Jahre

Der Hersteller, dessen Geräte Hauptgegenstand der Untersuchung sind, stellte neben einer bewährten, bis heute bestehenden Serie in der Vergangenheit auch günstigere Geräte her. Bei der Untersuchung standen Testgeräte dieser Reihen aus den Jahren 1982 bis 1985 zur Verfügung. Aus der Analyse der konstruktiven zeitlichen Änderungen kann aufgezeigt werden, dass sich die Konstruktionen der Handmixer mit Eintritt in die 1980er Jahre deutlich veränderten und diese Veränderungen häufig bis heute Gültigkeit besitzen. Als möglicher Treiber kann der allgemeine Kostendruck auf die Konsumgüter in diesem Zeitraum benannt werden. Auch wenn das Produkt so günstiger hergestellt werden kann, so ergeben sich durch die konstruktiven Änderungen Auswirkungen auf die Lebensdauer.

Weitere Veränderungen an den Konsumgütern

Neben dem bereits dargestellten Verzicht auf eine Getriebeabdeckung, der ab diesem Zeitraum zum Standard wurde, können noch weitere signifikante Veränderungen festgestellt werden. Konkret handelt es sich hierbei um eine Abwandlung des Motorrahmens von einem massiven Gussteil zu einem Kantblechteil, ein Wechsel des Lüfterradmaterials von Metall zu Kunststoff und der erstmalige Gebrauch von Spezialschrauben (Torx Tamper Resistant) zur Verbindung des Gehäuses. Besonders bemängelt wird die Wahl von Torx Tamper Resistent: Das Spezialwerkzeug, das zum Öffnen der Geräte benötigt wird, erschwert das Vorhaben, das Gerät im Falle eines Defekts zuhause selbst zu reparieren, erheblich und könnte dies sogar gänzlich verhindern. Ein Beispiel für solch eine kleinere Reparatur ist der Austausch verschlissener Zahnräder im Getriebe, der durch den komplizierten Zugang zum Inneren des Mixers unnötig erschwert ist. Verbraucher könnten dadurch veranlasst werden, von einer Reparatur abzusehen und sich anstatt dessen ein Neugerät zu beschaffen. Der Projektgruppe ist die Notwendigkeit einer manipulationssicheren Schraubverbindung bei Handrührgeräten nicht ersichtlich. Die Studierenden können diese konstruktive Entscheidung daher nicht nachvollziehen.

Fazit: Einsparungen konkurrieren mit der Lebensdauer

Die Modifikationen der letzten 50 Jahre dienten mutmaßlich einer betriebswirtschaftlichen Einsparung. Diese steht jedoch einer möglichst langen Nutzungsdauer im Wege, was nach Auffassung der Autorinnen und Autoren die Umwelt auf Dauer unverhältnismäßig belastet. Ein nachhaltiger Produktlebenszyklus ist allerdings die entscheidende Basis für einen bewussten Konsum und ein Wirtschaften innerhalb planetarer Grenzen – wir haben nur diese eine Erde.

Hintergrund der Untersuchung

Die Herstellung von industriell gefertigten Konsumgütern geht mit einem Verbrauch von Rohstoffen und Energie einher. Nach dem Ende der Lebenszyklen müssen die Geräte entsorgt werden. Das führt zu stetig wachsenden Mülldeponien. Im Jahr 2018 beliefen sich die deutschlandweiten Umsätze für Haushaltskleingeräte auf 2,6 Mrd. EUR – Tendenz steigend. Was sich in Bezug auf das BIP verlockend anhört, führt allerdings zu deutschlandweiten CO2-Emissionen von etwa 760.000 Tonnen pro Jahr (eigene Berechnung des Umweltbundesamts). CO2 ist ein Treibhausgas und eine maßgebliche Ursache für die anthropogene Klimaerwärmung. Je kürzer die Nutzungszeit der Produkte, desto eher ist eine Ersatzbeschaffung notwendig – mit all den negativen Folgen für unsere Umwelt. Nach Prakash sank die Erstnutzungsdauer von Handmixern in den Jahren 2004 bis 2012 von 12,1 auf 11,0 Jahre.