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Der neue Dreh-Hub-Aktor mit integrierter Pneumatik-Steuerung setzt laut Steinmeyer Mechatronik Maßstäbe hinsichtlich Performance, Anwenderfreundlichkeit und Kompaktheit.
Foto: Steinmeyer
Der neue Dreh-Hub-Aktor mit integrierter Pneumatik-Steuerung setzt laut Steinmeyer Mechatronik Maßstäbe hinsichtlich Performance, Anwenderfreundlichkeit und Kompaktheit.

Inhaltsverzeichnis

Antriebe

Mechatronik at its best

Mit dem neuen Dreh-Hub-Aktor präsentiert Steinmeyer Mechatronik ein mechatronisches Meisterwerk, das nach Angaben des der Dresdner Positionierspezialisten Maßstäbe hinsichtlich Performance, Anwenderfreundlichkeit und Kompaktheit setzt. Autor Kay Winterfeld erklärt hier die Geschichte über integrierte Elektronik, kompromissloses Innovationsdenken und die Kraft des Scheiterns.

Autor: Kay Winterfeld, Steinmeyer Mechatronik

Mechatronik ist die Verschmelzung von Mechanik, Elektronik sowie Informatik und gilt als Schlüsseltechnologie für die Entwicklung zukunftsweisender Innovationen. Soweit die Theorie. Doch wie sieht die Praxis aus? „Den meisten gelingt es nicht, die historische, organisatorische und gedankliche Trennung von Mechanik und Elektronik zu überwinden. Zwar werden Buzzwords wie Mechatronik, Smart Devices, Internet of Things, Industrie 4.0 und Agilität gerne in den Mund genommen, doch in der Realität herrschen oft noch die alten Paradigmen vor“, so Elger Matthes, Entwicklung und Produktmanagement bei Steinmeyer Mechatronik, und ergänzt: „Bei Mechatronik geht es um Integration, nicht um Kombination. Erst wenn alle Komponenten miteinander verschmelzen und in einem Gehäuse untergebracht sind, kann von einer mechatronischen Lösung gesprochen werden.“ Gerade im Bereich Bewegungssysteme scheint diese Hürde vielen jedoch zu hoch zu sein. Selbst Unternehmen, die sich Mechatronik auf die Fahnen schreiben, können dies oft nicht umsetzen. Das Resultat: Die Produkte sind nicht wirklich innovativ, zu komplex, zu groß, zu schwer, zu teuer, mäßig zuverlässig und kompliziert zu bedienen.

Neuester Coup: der Dreh-Hub-Aktor mit integrierter Pneumatik-Steuerung

Ganz anders Steinmeyer Mechatronik. Die Dresdner Spezialisten für Positioniersysteme machen ihrem Namen alle Ehre und entwickeln mechatronische Konzepte, die diese Bezeichnung auch verdienen. Neuester Coup: ein Dreh-Hub-Aktor mit integrierter Pneumatik-Steuerung. Was so sachlich klingt, ist ein Paradebeispiel für mechatronisches Denken und eine echte Innovation, die Maßstäbe hinsichtlich Performance, Anwenderfreundlichkeit und Kompaktheit setzt. Erreicht wurde dies durch eine dezentrale Steuerungslösung mit integrierter Elektronik, radikale Einfachheit hinsichtlich Konstruktion und Bedienbarkeit sowie smarte Plug-and-Play-Technologie.

Die Applikationsanforderungen hatten es in sich

Doch von vorne: Für die Montage von Radarsensoren in Fahrerassistenzsystemen von Automobilen benötigte ein Kunde eine Lösung für folgenden Prozess: Entnahme des Sensors aus der automatischen Magazinzuführung, Erfassung in der Lage und ggfs. Korrektur, Aufsetzen auf die Sensorbaugruppe mit kontrollierter Andruckkraft und Fügen. Die Anforderungen hatten es in sich: weniger als eine Sekunde Zeit für die Ausführung der Bewegung, 24/7-Betrieb, mindestens ein Jahr Lebensdauer, Inspektion maximal jedes halbe Jahr. Außerdem wünschte der Kunde eine aufwandsarme Einbindung in seine vorhandene Automatisierungsumgebung mit Ethercat sowie das Aufrufen vordefinierter Standardabläufe und Funktionen. „Schnell war klar, dass eine klassische Lösung mit käuflichen Komponenten weder in den Bauraum noch in das geplante Budget passen würde – immerhin reden wir von 31 Millionen Positionierungen im Jahr. Auch stellten die hohe Dynamik sowie die als nicht realisierbar empfundene Lebenserwartung eine enorme Herausforderung dar“, blickt Elger Matthes zurück.

Spezialist für hochgenaue Positionierlösungen

Bereits zwei Wettbewerber hatten sich an dem Projekt die Zähne ausgebissen. Doch davon ließen sich die Entwicklungsingenieure von Steinmeyer Mechatronik nicht abschrecken. Im Gegenteil: Es war ein zusätzlicher Ansporn. Schließlich sind die Sachsen bekannt dafür, das Unmögliche möglich zu machen. Das Erfolgsgeheimnis? Leidenschaft, Ideenreichtum, Erfindergeist, Innovationsdenken – und die passende Infrastruktur. Von der Entwicklung über die Fertigung und Montage bis hin zur Testabteilung arbeiten alle Abteilungen am Standort Dresden unter einem Dach eng zusammen. So können Synergien optimal genutzt und spezifische Kundenanforderungen schnell und unkompliziert realisiert werden.

Einfachheit ist Schwerstarbeit

Auch beim Dreh-Hub-Aktor zogen alle an einem Strang und entwickelten ein Lösungskonzept, das auf maximale Einfachheit abzielt. Die Idee war, wesentlich mehr Aufwand in das Integrieren von Funktionen sowie das Abschaffen von Überflüssigem zu investieren und die damit verbundenen höheren Entwicklungskosten in Kauf zu nehmen. Durch die optimale Anpassung an die Kundenanforderungen würden sich diese Mühen schnell über das Mehr an Robustheit sowie verringerte Fertigungskosten, komfortable Installation und leichte Wartung in der Serie in Gewinnfaktoren umkehren. Gesagt, getan. Für das Einschwenken der Radarsensoren vom Magazin auf den Sensorträger fiel die Wahl auf einen marktüblichen Drehtisch aus dem Katalog – soweit so unspektakulär. Der Clou steckt im neu zu entwickelnden Dreh-Hub-Aktor für die Entnahme aus dem Magazin, das Korrigieren der Lage durch Drehung der Achse senkrecht zur Montagefläche entsprechend den Korrekturdaten von einer Kamera sowie das Absetzen auf dem Träger vor dem Laserlöten. Auch die Steuerung der Druckluft zum Betätigen des Greifers sollte übernommen sowie die Kraft beim Aufsetzen geregelt werden.

Höhen und Tiefen: Nicht alles hat auf Anhieb geklappt

Der ursprüngliche Ansatz war extrem ambitioniert und umfasste unter anderem mehrere Innovationen zur Kombination von Drehung und Linearbewegung wie eine Luftlagerung, einen vollintegrierten Direktantrieb und ein 2D-Feedbacksystem. Nicht alles konnte in der Kürze der Zeit und im vorgegebenen Budgetrahmen wie geplant umgesetzt werden. „Das Antriebskonzept überraschte mit Nichtlinearitäten, ebenso das Messsystem und die Götter der elektromagnetischen Verträglichkeit waren auch nicht spontan auf unserer Seite – trotz rauchender Lötkolben und etlicher Stoßgebete zu nächtlicher Stunde“, erinnert sich Elger Matthes. Da half nur testen und systematisch nachbessern. So musste das Elektronikboard in Teilen neu geroutet werden, um eine robuste Kommunikation unter allen Bedingungen der Industrienorm zu gewährleisten. Auch für die Mechanik war ein zweiter Anlauf notwendig. Dabei wurde beharrlich gefragt: Geht das auch einfacher? „Wenn man sich diese Frage immer wieder stellt und konsequent nachbessert, kommt man am Ende zu einem robusteren, besseren, schnelleren und preisgünstigeren System“, so Elger Matthes. Nichtsdestotrotz mussten ein paar Abstriche gemacht werden. So wurde das Antriebskonzept auf ein etwas weniger Innovatives vereinfacht und besteht nun – neben dem erfolgreich realisierten und patentierten Feedbacksystem – aus einem selbstentwickelten Linearmotor mit einem käuflichen Rotationsantrieb sowie kostengünstig verfügbaren Dreh- und Linearlagerelementen. Ungeachtet dessen ist der neue Dreh-Hub-Aktor ein mechatronisches Meisterwerk und eine Klasse für sich. Dank der integrierten Elektronik ist die Plug-and-Play-Lösung äußerst kompakt, überaus leistungsstark und sehr servicefreundlich. Das Feldbus-Interface macht sie für jede Automatisierungsumgebung einsetzbar und Features für Predictive-Maintenance-Strategien gewährleisten eine prozesssichere, zukunftssichere Produktion.

Integrierte Elektronik macht den Unterschied

Die gesamte embedded Control-Elektronik ist auf einer einzigen Leiterplatte untergebracht – zwei 19-Zoll-Racks landeten so auf der Fläche einer halben Postkarte! Schaltungsdesign und Platinenlayout der Leiterplatten hat der Positionierspezialist inhouse erstellt. „Nur mit Eigenentwicklungen lassen sich wirklich kompakte Lösungen realisieren. Auch sind die Kundenanforderungen – speziell was das Kommunikationsprotokoll angeht – häufig so detailliert, dass man diese mit einer käuflichen Komponente gar nicht abdecken kann“, macht Elger Matthes deutlich. Als Mikrocontroller nutzt Steinmeyer Mechatronik einen Chip von ST-Microelectronics, der alle geforderten Kommunikationsschnittstellen mitbringt. Beim Motion Controller kommen zwei TMC4671 von Trinamic zum Einsatz. Ausschlaggebend waren die sehr guten Regeleigenschaften sowie die Möglichkeit der Nutzung verschiedener Motortypen (Schrittmotoren und bürstenlose DC-Motoren).

Hochkomplexe Technik intuitiv bedienen

Ein eigens entworfenes Application Programming Interface garantiert eine einfache Ansteuerung und Integration. Dank Vorkonfigurierung benötigt der Kunde zum Aufrufen der unterschiedlichen Funktionen nur wenige Befehle. Der Gerätestatus kann periodisch (Streaming) oder auf Anfrage (Polling) an den Steuerrechner zurückgemeldet werden, auch lassen sich die Positionsdaten aller Einheiten gleichzeitig mit bis zu 2 kHz kontinuierlich neben den sonst notwendigen Informationen über den Bus übermitteln. Mehr als 100 Aktoren lassen sich an einem Bussystem betrieben. Die Verkabelung ist dabei auf die Busleitung und eine durchgeschleifte Stromversorgung minimiert.

Fehler vermessen und elektronisch korrigieren

Das Vereinen von Elektronik und Mechanik in einer Einheit eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten. Hier zeigt sich insbesondere ein Vorteil einer Lösung mit integrierter Elektronik: Fehler und Nichtlinearitäten werden nach der Montage in situ durch das System selber durch Vergleich mit einem externen Normal vermessen. So sind alle gelieferten Systeme in den Genauigkeitsparametern nach außen identisch gut. Die Fehlerinformation ist intern gespeichert und wird durch den Motion Controller beim Ansteuern mit beachtet. Die Linearisierung des Messsystems mittels der internen Elektronik wirkt sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit aus und erleichtert im Servicefall den Austausch. Dank der dadurch geschaffenen Plug-and-Play-Fähigkeit ist ein schneller, unkomplizierter Wechsel des Dreh-Hub-Aktors sichergestellt.

Prozessüberwachung für eine optimierte Wartung

Die Integration der Steuerung in die Positioniereinheit ermöglicht zudem moderne Konzepte zur Zustandsüberwachung. So lassen sich durch das Überwachen bestimmter Parameter – wie maximale Geschwindigkeit beim Initialisieren (Selbstdiagnose) oder Schleppfehler im Betrieb – Fehler oder Verschleiß früh erkennen und so durch rechtzeitiges Eingreifen Maschinenstillstandzeiten vermeiden. Hilfreich sind außerdem Funktionen wie ein Betriebsstundenzähler und ein nicht verlöschender Fehlerspeicher. Durch die Anbindung via Ethercat oder CAN können Updates mit Verbesserungen in der Programmierung oder Parametrierung weltweit problemlos eingespielt werden – perfekt für Fernwartung und Ferndiagnose.

Wegweisende Mechatronik – und zukünftige Generationen

Kompakt, performant, anwenderfreundlich: Mit dem neuen Dreh-Hub-Aktor hat Steinmeyer Mechatronik seine Expertise und Innovationskraft im Bereich Positioniersysteme wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt und eine Lösung geschaffen, die von höchster Ingenieurskunst zeugt und den technologischen Vorsprung der Dresdner deutlich macht. Übrigens: Die nicht umgesetzten Ideen – wie der vollintegrierte Motor und die hochinnovative Luftlagerung zur Kombination von Drehung und Linearbewegung – sind für zukünftige Produktgenerationen nicht verloren. Mit den entsprechenden Ressourcen lässt sich ein noch kompakterer und dynamischerer Dreh-Hub-Aktor mit dann praktisch unbegrenzter Lebensdauer entwickeln.

Steinmeyer Mechatronik auf über 3.900 m2

Steinmeyer Mechatronik ist Teil der weltweit agierenden Steinmeyer Gruppe. Als Kompetenzzentrum für Positionierlösungen, mechatronische Systeme und optische Komponenten bietet die GmbH innovative Produkte und kundenspezifische Lösungen für individuelle Aufgabenstellungen. Steinmeyer Mechatronik beschäftigt am Standort Dresden mehr als 120 Mitarbeiter. Auf einer Fertigungsfläche von über 3.900 m² produziert das Unternehmen Positioniersysteme im Submikrometerbereich für höchste Qualitätsanforderungen – vom Prototypen bis zum fertigen Serienprodukt.

 

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