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Harald Behnstedt ist seit sieben Jahren Geschäftsführer des Reutlinger Unternehmens ICP Deutschland GmbH, das sich auf „grüne“ Industriecomputer spezialisiert hat.
Foto: ICP Deutschland GmbH
Harald Behnstedt ist seit sieben Jahren Geschäftsführer des Reutlinger Unternehmens ICP Deutschland GmbH, das sich auf „grüne“ Industriecomputer spezialisiert hat.

ReThink Industry

Ein kleiner Beitrag

Der Einfluss von Industriecomputern auf den CO2-Fußabdruck von Unternehmen und Produkten ist gering. Doch Harald Behnstedt ist überzeugt, dass jeder Beitrag zählt. Und zeigt gleichzeitig, was auch kleine Unternehmen leisten können.

Seit 25 Jahren verkauft ICP Deutschland GmbH Industriecomputer. Vor drei Jahren keimte in Geschäftsführer Harald Behnstedt in einem Gespräch der Wunsch auf, auch bei seinen Produkten mehr auf die Energieeffizienz und den ökologischen Fußabdruck achten zu wollen – und stellte Green IT in seinen Fokus. Mit seinen etwa 10 Mitarbeitern drehte ICP in den letzten Jahren an allen verfügbaren Schrauben, um seine Produkte und das Unternehmen umweltfreundlicher zu machen. Inzwischen gehören nachhaltige Industriecomputer zum Kerngeschäft des Unternehmens.

Herr Behnstedt, inwieweit können Industriecomputer nachhaltig sein?

Harald Behnstedt: Hierfür lassen sich verschiedene Aspekte berücksichtigen und optimieren. Da ist zum einen der Betrieb des Industriecomputers. Wie hoch ist der Stromverbrauch? Wie habe ich ihn konfiguriert? Muss ich ihn tatsächlich so konfigurieren, dass er die maximale Leistung erbringt oder kann ich ihn auf die Anwendung hin optimieren? Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Logistik. Wie erreicht mich das Produkt? Wie kommt es zum Kunden? Auch die Themen Anpassbarkeit und Reparierbarkeit spielen eine Rolle. Was ist, wenn sich die Anforderungen beim Kunden verändern? Ist der Industriecomputer in diesem Fall erweiterbar? Und kann man ihn reparieren? Wie sieht es mit dem Recycling aus? Das sind im Prinzip die wesentlichen Punkte.

Wie berücksichtigen Sie diese Aspekte denn ganz konkret bei Ihren eigenen Produkten?

Harald Behnstedt: Nehmen wir zum Beispiel das Netzteil. Die Hersteller sparen meist und verwenden Netzteile mit einer schlechten Effizienz, die zudem für viele Anwendungen überdimensioniert sind. Daher haben wir uns entschlossen, andere Netzteile zu verwenden, die auf die benötigte Leistung der Kundenapplikation zugeschnitten werden und in einem besonders effizienten Arbeitsbereich arbeiten. Daraus ergeben sich für den Kunden zwei Vorteile: Zum einen ist der Stromverbrauch deutlich geringer, als wenn immer die maximale Leistung geliefert werden würde. Zum anderen entsteht ist die Verlustleistung geringer, weil durch die hohe Effizienz weniger Leistung in Wärme umgewandelt wird. Das senkt auch den Stromverbrauch. Die Komponenten sind weniger Wärmestress ausgesetzt, was die Lebensdauer erhöht. Ein zweites Beispiel ist der Transport. Hier achten wir darauf, für längere Strecken möglichst den Seeweg zu wählen und nicht das Flugzeug. Für die letzte Meilen zum Kunden beauftragen Dienstleister, die auf einen umweltbewussteren Transport setzen. Hier kommen bereits in verschiedenen Großstädten Elektrofahrzeuge zum Einsatz.

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ICP erhält seine Industriecomputer ohne Netzteile, da es sich hierbei oft um Standardprodukte handelt, die nicht auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnitten sind. Stattdessen werden andere Netzteile zu verwendet, die auf die benötigte Leistung der Kundenapplikation zugeschnitten werden und in einem besonders effizienten Arbeitsbereich arbeiten.
Foto: ICP Deutschland
ICP erhält seine Industriecomputer ohne Netzteile, da es sich hierbei oft um Standardprodukte handelt, die nicht auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnitten sind. Stattdessen werden andere Netzteile zu verwendet, die auf die benötigte Leistung der Kundenapplikation zugeschnitten werden und in einem besonders effizienten Arbeitsbereich arbeiten.

Welchen Impact hat der Einsatz von „grünen“ Industriecomputern?

Harald Behnstedt: Wenn ich ehrlich bin, wahrscheinlich einen relativ geringen. Es kommt einfach auch auf die Größe an. Eine Schneidanlage wird im Vergleich einen deutlich größeren Impact haben. Aber jeder Beitrag zählt. Und von der Produktion, über den Transport und den Betrieb, bis zur Entsorgung kommen auch bei Industriecomputern einige negative Umweltwirkungen zusammen, die es zu vermeiden gilt.

Welche Argumente gibt es darüber hinaus, die für die Nutzung von Green IT sprechen?

Harald Behnstedt: Auch rein wirtschaftlich ist Green IT sinnvoll. Durch den niedrigen Verbrauch sind die Energiekosten so gering, dass sich die Mehrkosten für die Anschaffung innerhalb weniger Monate amortisieren. Hinzu kommt die längere Lebensdauer. Besonders auf lange Sicht ist zudem die Möglichkeit, das System zu erweitern, wertvoll. Während verkapselte oder verklebte Systeme komplett ausgetauscht werden müssen, können offen gebaute Systeme einfach um die notwendigen Komponenten erweitert werden. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Nachrüstbarkeit von KI. Einer der nächsten Schritte ist, dass die Intelligenz an die Maschine wandern soll. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Ich schaffe neue Maschinen mit den passenden Modulen an oder ich rüste nach. Es gibt sogenannte KI Beschleuniger, die man einfach in bestehende Systeme – wenn vorhanden – in einen Erweiterungsslot einstecken kann und die den IPC intelligent machen. Das nachgerüstete wäre folglich mittels KI in der Lage, Auswertungen zu fahren, Analysen durchzuführen, Reportings zu erstellen und so weiter. Wenn solche Möglichkeiten schon im Vorfeld mitgedacht werden, ist eine spätere Aufrüstung kein Problem mehr – mit einem geringen finanziellen und personellen Aufwand.

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ICP erhält seine Industriecomputer ohne Netzteile, da es sich hierbei oft um Standardprodukte handelt, die nicht auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnitten sind.
Foto: ICP Deutschland GmbH
Auch rein wirtschaftlich ist Green IT sinnvoll. Durch den niedrigen Verbrauch sind die Energiekosten so gering, dass sich die Mehrkosten für die Anschaffung innerhalb weniger Monate amortisieren.

Welche künftigen Entwicklungen zeichnen sich bei IPC jetzt schon ab?

Harald Behnstedt: Das Thema Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Intel setzt beispielsweise auf adaptive CPUs. Sie unterscheiden zwischen Power Cores und Efficiency Cores. Efficiency Cores arbeiten besonders sparsam, um damit die rudimentären Aufgaben durchlaufen zu lassen. Wird zusätzliche Leistung benötigt, werden die Power Cores dazugeschaltet. Das ist für mich ein guter Ansatz, wie sich Systeme besonders energiesparend aufbauen lassen und bei Bedarf dennoch mehr Leistung zur Verfügung gestellt werden kann. Zum anderen wird es immer wichtiger, Austauschbarkeit über Generationen hinweg zu schaffen. So könnte man zwei oder drei Generationen auf das gleiche Board aufsetzen, die Leistung skalieren, ohne dass das Hauptprodukt ausgetauscht werden muss. Sicherlich werden auch andere Materialien kommen, sie werden leichter und auch leichter zu recyceln sein.

Arbeitet ICP auch daran, nachhaltiger zu werden?

Harald Behnstedt: Obwohl wir als kleiner Betrieb nicht den gleichen Regeln unterworfen sind wie größere Unternehmen, wollen wir ab nächstem Jahr Nachhaltigkeitsreportings erstellen. Dazu werde ich in den nächsten Monaten auch einen Umweltschutzbeauftragten ernennen und schulen. In Gesprächen mit unseren Lieferanten machen wir zudem Vorschläge, wie auch diese – zum Beispiel bei der Verpackung – umweltfreundlicher werden können, um unsere Scope 3 Emissionen zu senken. Außerdem wollen wir künftig den CO2-Fußabdruck unserer Produkte angeben und beim Thema Nachhaltigkeitslabels auf dem Laufenden bleiben. Bisher haben wir noch nicht das passende Label für uns entdeckt, aber wir bleiben dran. Wir wollen – soweit möglich – freiwillig voranschreiten und nicht darauf warten, dass der Gesetzgeber nachzieht. Von Sarah Schulz

 

Über den Interviewpartner:

Harald Behnstedt ist seit sieben Jahren Geschäftsführer des Reutlinger Unternehmens ICP Deutschland GmbH. Das Unternehmen mit einem Umsatz von 10.000.000 € wurde 1995 gegründet und beschäftigt 10 Mitarbeiter. Zum Portfolio von ICP gehören industrielle Computerprodukte aller Art, darunter Mainboards, Embedded PCs, Panel PCs, RAM und Speichermedien.

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Zum Portfolio von ICP gehören industrielle Computerprodukte aller Art, darunter Mainboards, Embedded PCs, Panel PCs, RAM und Speichermedien.
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Zum Portfolio von ICP gehören industrielle Computerprodukte aller Art, darunter Mainboards, Embedded PCs, Panel PCs, RAM und Speichermedien.
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